In Das Gespräch kommen prominente Zeitgenossen aus Kultur und Gesellschaft zu Wort als Ort des interessanten Dialogs über Kunst, Kultur, Gesellschaft und Politik. Im Radio auf NDR Kultur: sonnabends von 13:00 bis 13:30 Uhr
Bestsellerautorin Nina George: "KI beruht auf Diebstahl"
Am Freitag hat ein Unterausschuss des Europarats grünes Licht für ein KI-Gesetz gegeben. Ende April soll nun das Europaparlament darüber abstimmen. Kunst- und Kulturschaffende fordern das schon lange und vehement, bedient sich generative KI doch ohne rechtliche Grundlage und ohne Honorierung bereits im Netz vorhandener Texte – auch wenn sie dort illegal hochgeladen wurden. Dagegen wehrt sich die Bestsellerautorin Nina George, deren Romane ebenfalls ohne Vergütung Teil der Schattenbibliotheken geworden sind, aus denen sich die Künstliche Intelligenz rechtswidrig bedient.
Mit entschiedenen Worten und anschaulichen Beispielen beschreibt Nina George, was auf dem Spiel steht, wenn es der Kunst durch KI an den Kragen geht: „Wir vergeben Freiheit in jedem Moment, wo generative Informatik uns unseren Ausdruck und unsere Freiheit nimmt.“
2/4/2024 • 25 minutes, 3 seconds
"Stella. Ein Leben" – Regisseur Kilian Riedhof im Gespräch
Man müsse den Mut haben, solche Geschichte zu erzählen und nicht zu verschweigen, sagt der Regisseur Kilian Riedhof im Gespräch mit Katja Weise. „Wir haben eine historische Verantwortung, diese Geschichten vor dem Vergessen zu bewahren.“
Denn die Geschichte ist brisant: Stella Goldschlag, geboren 1922 in Berlin, war Jüdin und wurde in der Zeit des Nationalsozialismus vom Opfer zur Täterin. Um ihre Eltern und sich selbst zu schützen, hat sie als sogenannte „Greiferin“ zwischen 1943 und 45 hunderte Jüdinnen und Juden denunziert.
Kilian Riedhof ist nicht der Erste, der diese Geschichte erzählt. Für ihn war aber klar: „Profunde Recherche musste Basis dieses Unterfangens sein“, um „sehr nah an der festzustellenden Wahrheit“ zu bleiben.
Ähnlich ist er vorher schon in Filmen wie „Der Fall Barschel“, „Gladbeck“ oder „Meinen Hass bekommt ihr nicht“ vorgegangen – Filme über Ereignisse, die die Gesellschaft in ihrer Zeit und darüber hinaus erschüttert haben, und für die er vielfach ausgezeichnet wurde. „Stella“ dürfte für Diskussionen sorgen.
1/28/2024 • 25 minutes, 55 seconds
Schöne Literatur in hässlichen Zeiten? Anja Kampmann im Gespräch
"Schönheit ist etwas völlig Unterschätztes", sagt die vielfach preisgekrönte Schriftstellerin Anja Kampmann über das Lob, das ihre Lyrik oft bekommt, nämlich schön zu sein. Sie beschreibt sich als politische Autorin, möchte aber ihre Texte für sich sprechen lassen. In ihrer Lyrik und Prosa geht es um Wissenschaftsethik, vermeintliche Dorfidylle und die Einsamkeit auf Bohrinseln.
1983 ist Anja Kampmann in Hamburg geboren, in Adendorf bei Lüneburg aufgewachsen, heute lebt sie – seit ihrem Studium unter anderem am Literaturinstitut – in Leipzig. Kurz vor Antritt ihrer Liliencron-Dozentur für Lyrik an der Universität Kiel entdeckt die Gewinnerin des Itzehoer Günter Kunert Literaturpreises erneut das poetische Potenzial Norddeutschlands. Außerdem lüftet sie zum ersten Mal das Geheimnis um ihren neuen Roman, den das Land Niedersachsen im vergangenen Jahr mit einem Literaturstipendium gefördert hat. Es wird ein historisches Buch über die Machtergreifung der Nationalsozialisten im Hamburg der 1930er Jahre, in dem ein vorab angekündigtes Wildschwein letztlich eine nachrangige Rolle spielt.
Anja Kampmann spricht mit Juliane Bergmann über Anarchie und Wildheit beim Schreiben, über dichtende Maschinen und schwindelerregende Auszeichnungen.
1/21/2024 • 26 minutes, 3 seconds
"15 Jahre" nach "Vier Minuten" - Hannah Herzsprung im Gespräch
"Ich hab sofort Ja gesagt!" Nicht eine Sekunde hat Hannah Herzsprung gezögert, als Regisseur und Autor Chris Kraus sie fragte, ob sie sich vorstellen könne, nach 2006 in "4 Minuten" noch einmal Jenny von Loeben zu spielen: eine musikalisch hochbegabte, aggressive junge Frau, die für einen Mord, den sie nicht begangen hat, zu 15 Jahre Haft verurteilt ist. Jetzt ist "15 Jahre" – die Fortsetzung von "Vier Minuten" – in den Kinos gestartet.
"Vier Minuten" war für Hannah Herzsprung der Beginn ihrer großen Karriere: In Serien wie "Weissensee" und "Babylon Berlin" war sie seither zu sehen, in Kinofilmen wie "Der Baader Meinhof Komplex", "Der Vorleser", "Traumfrauen" oder "Das fliegende Klassenzimmer". Das Publikum liebt Hannah Herzsprung. Und sie liebt das Kino: "Meine besten Filme sind, wenn die Popcorntüte danach nicht leer ist, weil ich einfach vergesse, dass ich diese köstlichen Popcorn auf meinem Schoß hab."
Im Gespräch mit Katja Weise erzählt Hannah Herzsprung freimütig von der Angst vor jeglicher Form von Prüfung, vom Vertrauen in Menschen wie Chris Kraus und von Alltagsbeobachtungen, die ihr Spiel prägen.
1/14/2024 • 25 minutes, 47 seconds
Thomas Schüller fordert im Gespräch die Trennung Staat und Kirche
Thomas Schüller ist als Professor für katholisches Kirchenrecht an der Uni Münster ohne Frage ein Mann der Kirche. In seinem neuesten Buch kritisiert Schüller nun aber die "unheilige Allianz", die der deutsche Staat mit den christlichen Kirchen pflege: "Unheilig an der Allianz ist, dass sich beide Seiten über die Jahrzehnte so aufeinander eingespielt haben, dass die beiden Kirchen zu Monopolisten in bestimmten Bereichen der staatlichen Daseinsfürsorge geworden sind und dementsprechend immensen politischen Einfluss ausüben können, obwohl ihre gesamtgesellschaftliche Akzeptanz immer niedriger wird."
Im Gegenzug, so Thomas Schüller, stelle der Staat den Kirchen in vielen Bereichen einen "Freifahrtschein" aus und zeige ihnen gegenüber "Beißhemmungen" – etwa im Arbeitsrecht oder bei der Verfolgung sexualisierter Gewalt. Um ihren "heiligen Ruf" zu schützen, bezögen sich die christlichen Kirchen auf das ihr grundgesetzlich zugestandene Recht, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu ordnen und zu gestalten. In Wirklichkeit kehrten sie die Missachtung von Gesetzen und die strafrechtlich relevanten Vergehen in ihren Kreisen unter den Teppich. "Das ist der eigentliche Skandal."
In vielen Bereichen agiere Kirche, laut Schüller, als Körperschaft, die Staatsaufgaben wahrnehme: in Schulen und Kitas, in der Kranken- und Altenpflege, in der Jugendpflege. "Und da, wo sie Staatsaufgaben wahrnimmt, muss sie die Standards unserer Verfassung einhalten."
Im Gespräch mit Brigitte Lehnhoff erläutert der streitfreudige Kirchenrechtler seine Forderung nach der strikten Trennung von Kirche und Staat.
1/7/2024 • 26 minutes, 2 seconds
Das Gespräch: Armin Nassehi über das Polykrisen-Jahr 2023
Das Jahr 2023 war geprägt von Poly- oder Multikrisen, von der Corona- über die Energie- und Finanz- bis zur alles überlagernden Klimakrise, von Kriegen in der Ukraine und im Gazastreifen. Sie produzierten zu Recht Unsicherheiten. Allerdings, sagt Armin Nassehi im Gespräch mit Ulrich Kühn: "Das Besondere ist vielleicht nicht die Quantität, sondern die Qualität dieser Krisen." Sie zeigten, dass Vieles an einem seidenen Faden hänge und Sicherheit nicht einfach immer schon natürlich da sei. Sie müsse hergestellt und könne mit relativ einfachen Mitteln in Frage gestellt werden: "Das produziert sehr viel Unsicherheiten. Und ich würde sagen mit Recht."
Armin Nassehi über die Krisen der Zeit, die vermeintliche Spaltung der Gesellschaft und unsere Aufmerksamkeitsökonomie. Ein Rückblick auf das Jahr 2023, und ein nur begrenzt optimistischer Ausblick auf 2024.
12/31/2023 • 26 minutes, 2 seconds
Das Gespräch: Psychiater Deister: "In Krisen brauchen wir Weihnachten"
"Der Zwiespalt ist in uns", sagt der Psychiater und Psychotherapeut Arno Deister aus Itzehoe. Einerseits träumen wir in der Vorweihnachtszeit von Besinnlichkeit. Andererseits stressen wir uns mit den vielen Dingen, die wir noch erledigen wollen: Geschenke einkaufen, überlegen, welche Verwandtschaft wann besucht wird oder welches Fest-Essen auf den Tisch kommt. Der ehemalige Chefarzt des Zentrums für Psychosoziale Medizin des Klinikums Itzehoe und inzwischen Vorsitzender des Aktionsbündnisses seelische Gesundheit ist besorgt um die wachsende Zahl an Menschen, die unfreiwillig zu Weihnachten allein sind. Er sieht uns alle in der Pflicht.
Juliane Bergmann spricht mit Arno Deister über Erwartungsdruck und Konfliktpotenziale zum Fest, über das laute Miteinander und die leise Einsamkeit, über Kindheitserinnerungen und den wirkungsvollen Zauber von Postkarten.
12/17/2023 • 26 minutes, 4 seconds
Nordsee – eine Liebeserklärung an die Wildnis vor der Haustür
In seinem neuen Büchlein „RANDMEER“ erzählt der Spiegel-Journalist Olaf Kanter von der Geschichte, der Wildheit und der Zukunft der Nordsee – faszinierend und faktenreich. In seinem erhellenden „Essay on Nature and Landscape“ schließt Kanter teils kuriose Wissenslücken und öffnet Augen für die Probleme der zunehmenden Industrialisierung des früher wilden Meeres am Rande des Atlantischen Ozeans. Auch wer glaubt, alles über die Nordsee zu wissen, wird hier Neues erfahren.
12/10/2023 • 26 minutes, 3 seconds
"Wir haben ein Recht, in dieser Gesellschaft stattzufinden"
"Ich bin eine behinderte Frau." – Heute kann Alina Buschmann diesen Satz selbstverständlich sagen. Doch bis hierher war es ein schmerzhafter Weg, erzählt die Schauspielerin: "Ich hätte mir gewünscht, dass mir jemand gesagt hätte, dass sich meine Lebensrealität durch den Unfall verändert hat und dass es okay ist so." Stattdessen hat Alina Buschmann jahrelang gegen ihre Behinderung angekämpft, weil ihr gesagt wurde, sie müsse sich nur genug anstrengen.
Als Aktivistin setzt sie sich mittlerweile für die Belange von Menschen mit Behinderung ein. Mit der Plattform "Angry Cripples" hat sie einen Ort für Austausch und Empowerment geschaffen. Und das sei ganz wichtig, denn: "Behinderte Menschen spielen in der Mehrheitsgesellschaft keine Rolle – außer es wird mit uns Charity gemacht. Nicht behinderte Menschen instrumentalisieren uns häufig, damit sie als nett und gütig gelten, weil sie etwas mit uns zu tun haben. Ich wünsche mir echte Teilhabe."
12/3/2023 • 25 minutes, 58 seconds
"Kunst und Kultur findet nicht im CO2-freien Raum statt"
"Ich freue mich, dass der Fokus jetzt endlich auch mal auf der Kultur liegt", sagt Annett Baumast. Die Hamburger Nachhaltigkeitsexpertin beschäftigt sich schon seit 30 Jahren, unter anderem an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, mit der Frage, welche Auswirkungen der Betrieb von Theatern, Museen oder Konzerthäusern auf die Klimabilanz hat.
Im Gespräch mit Stefanie Wittgenstein erläutert sie anhand vieler Beispiele, wie klimasensibel die Kultur schon immer zu sein glaubte, wie wenig nachhaltig der Kulturbetrieb in der Realität aber an vielen Stellen ist. Baumasts Analyse ist vielschichtig – und betrifft auch das Publikum.
11/26/2023 • 25 minutes, 58 seconds
Der Pianist Igor Levit im Gespräch
Anfang der Woche reiste der Pianist Igor Levit überraschend nach Israel und spielte für Opfer des Hamas-Terrors – unter anderem in einem Krankenhaus in Tel Aviv und für Familien, deren Kinder von der Hamas entführt wurden.
Im Gespräch mit Bernhard Neuhoff, Redakteur bei BR Klassik, berichtet Igor Levit unmittelbar nach seiner Rückkehr aus Israel sehr eindringlich von den Erfahrungen, die er dort gemacht hat, und er spricht über die Empathielosigkeit in Deutschland, die ihn fassungslos macht.
11/19/2023 • 23 minutes, 50 seconds
Lyriker Jan Wagner: "Ein Gedicht ist kein Leitartikel"
"Wir lernen beim Lesen von Gedichten etwas über die Dinge, die uns umgeben, über die Sprache, die Welt und uns selbst", sagt Jan Wagner. Er ist ein einsamer Held, ein Fabelwesen unter den Lyrikern der Gegenwart, denn er ist im Gegensatz zu vielen seiner Kolleginnen und Kollegen ziemlich erfolgreich, kann sogar von der Lyrik leben, was er sich selbst nicht hat träumen lassen. Geboren 1971 in Hamburg, aufgewachsenen in einem bücherliebenden Elternhaus in Ahrensburg veröffentlicht er seit inzwischen mehr als zwanzig Jahren eigene Gedichte. Er wurde nicht nur mit den wichtigsten Literaturpreisen geehrt – darunter 2015 der Preis der Leipziger Buchmesse und 2017 der Georg-Büchner-Preis, seine Poesie steht auch auf den Bestsellerlisten.
Juliane Bergmann spricht mit Jan Wagner über seinen neuen Lyrikband "Steine & Erden", über erfundene Wahrheiten, über falsche Erwartungen an die Poesie, über das Faszinierende an Streichhölzern, Löffeln und Eseln sowie über applaudierendes oder gähnendes Publikum.
11/12/2023 • 31 minutes, 4 seconds
Das Gespräch mit Schriftstellerin Doris Knecht
Es ist eine heftige Zäsur im Leben eines Menschen, ein Einschnitt, der bislang aber in der Literatur kaum je eine Rolle spielte: Was passiert, wenn die Kinder groß sind, die Schule abgeschlossen haben und von zu Hause ausziehen? Was bedeutet das für die Eltern emotional wie auch materiell? Die österreichische Autorin Doris Knecht erzählt davon aus der Perspektive einer alleinerziehenden Mutter in ihrem autofiktionalen Roman "Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe" – ein Text, in dem sich sanfte Traurigkeit und lakonischer Humor miteinander verbinden. Im Gespräch mit Alexander Solloch – aufgenommen auf der Frankfurter Buchmesse – würdigt Doris Knecht die Möglichkeiten, die in einem solchen Neuanfang stecken, und ganz besonders die Freude daran, "solitär" zu sein …
11/5/2023 • 23 minutes, 41 seconds
Das Gespräch mit Filmregisseur Timm Kröger
Um ein Haar hätte der gebürtige Itzehoer Timm Kröger nach dem Abitur in St. Peter Ording Mathematik studiert. Dann aber kam zum Glück kurzfristig noch die Studienplatzzusage des European Film College im dänischen Ebeltoff. Später an der Filmakademie in Ludwigsburg lernte er die Menschen kennen, die heute sein filmverrücktes Team sind.
Dessen jüngster Streich ist "Die Theorie von Allem" – ein schwarzweißer Mystery-Thriller über einen Wissenschaftskongress in den Schweizer Bergen, eine Amour fou an deren Rande und irgendwo im Multiversum, wo sich die Grenzen von Raum und Zeit verschieben. Was wahr sei und was nicht, meint Regisseur Kröger im Gespräch mit Filmexpertin Bettina Peulecke, entscheide letztlich jede Zuschauerin und jeder Zuschauer für sich selbst. Der Film sei, sagt Kröger, "ein bisschen so, als würden Hitchcock und Lynch auf dem Teppich einer alten Hotellobby Liebe machen".
10/29/2023 • 24 minutes, 20 seconds
Buchpreisträger Tonio Schachinger im Gespräch bei NDR Kultur
Im Gespräch spricht Schachinger über die Preisverleihung, die Arbeit mit seiner Frau Margit Mössmer und seinen Roman "Echtzeitalter".
10/22/2023 • 27 minutes, 13 seconds
Johannes-Peter Herberhold: "Im Zentrum steht das Publikum"
Vom 25.10. bis zum 5.11. findet in Göttingen und Umgebung zum 32. Mal der "Literaturherbst" statt: Beim größten Literaturfestival Niedersachsens gibt es in diesem Jahr 84 Veranstaltungen an 35 Lesungsorten. Da lesen Stars wie Ferdinand von Schirach, aber auch Newcomerinnen wie Caroline Wahl. Da gibt es Belletristik genauso wie Sachbücher. Und da gibt es einen, der das Ganze am Laufen hält: Johannes-Peter Herberhold.
Er berichtet von den handfesten Auseinandersetzungen am Rande einer Thomas de Maizière-Lesung, von den Mühen, die in jeder Veranstaltung stecken, und von Kooperation statt Konkurrenz, die unter den großen deutschen Literaturfestivals herrscht. Schließlich geht's ums Buch. Und ums Publikum.
10/15/2023 • 25 minutes, 59 seconds
Museum für alle? David Vuillaume im Gespräch
Etwa die Hälfte der Menschen in Deutschland geht mindestens einmal im Jahr ins Museum. Das zeigen Umfragen. Tendenziell sind es mehr Frauen und Menschen mit einem hohen Bildungsgrad, aber grundsätzlich sind fast alle Bevölkerungsschichten gut vertreten, sagt David Vuillaume, Geschäftsführer des Deutschen Museumsbunds und Gründungsmitglied des jungen Netzwerks Besucher*innenforschung: "Immer mehr Museen interessieren sich für ihr Publikum und betreiben Besucher*innen-Forschung." Wer geht ins Museum, wer nicht – und warum nicht? Ist es der Eintrittspreis, der hohe Bildungsanspruch, der schwere Zugang gerade für Menschen mit Behinderung? Vuilammes hat eine Vision: "Das Gefühl, willkommen zu sein, ist schon vor den Museumstüren spürbar."
Aber welcher Weg führt zum Ziel? Wie können Museen Hemmschwellen abbauen? Wie schaffen sie es, relevante, sinnstiftende und einladende Ausstellungen zu entwickeln, die ein lustvolles Lernerlebnis bieten? Und was ist mit jener Hälfte der deutschen Gesellschaft, die nie ins Museum geht? – Auch diese Fragen beantwortet David Vuillaume im Gespräch mit Andrea Schwyzer auf NDR Kultur. Er ist überzeugt: "Ausstellungen sollen nicht für Menschen gemacht werden, sondern mit Menschen zusammen."
10/8/2023 • 25 minutes, 28 seconds
Architekt Vittorio Lampugnani: "Wir verschleudern Ressourcen"
"Fast alles, was in der zeitgenössischen Architektur geschieht, ist nicht nachhaltig", sagt Vittorio Magnago Lampugnani, geboren 1951 in Rom, Architekt und einer der international bedeutendsten Stadtwissenschaftler. Die Auswirkungen des Städtebaus auf die Klimakrise seien groß, ergänzt er. Er war Direktor des Deutschen Architektur-Museums in Frankfurt und Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte des Städtebaus an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Weiterhin ist er als Architekt tätig und lehrt gelegentlich in Harvard. In seinem neuen Buch "Gegen Wegwerfarchitektur" spricht er sich für ein nachhaltiges, dichteres Bauen aus, für Reparieren statt Neubau, für Umnutzung statt Abriss.
Vittorio Magnago Lampugnani spricht mit Juliane Bergmann über die Klima-Verantwortung der Architekten, über den Reiz von Mini-Architekturen im Stadtbild und den Verrat an der Kunst durch defensive Architektur.
10/1/2023 • 26 minutes, 2 seconds
Die Wucht des Erzählens: Roland Schimmelpfennig im Gespräch
„Theater sollte mit offenen Karten spielen“, sagt Roland Schimmelpfennig, einer der meistgespielten deutschen Gegenwartsdramatiker. Nach dem Regiestudium an der Otto-Falckenberg-Schule war er an den Münchner Kammerspielen engagiert. Seit 1996 schreibt er als freier Autor Theaterstücke, Essays und Romane. Nun erscheint sein Buch „Anthropolis. Ungeheuer. Stadt. Theben.“ – mit neu übertragenen und geschriebenen Theatertexten zu „Dionysos“, „Laios“, „Ödipus“, „Iokaste“ und „Antigone“. Das Deutsche Schauspielhaus zeigt in dieser Spielzeit Roland Schimmelpfennigs "Anthropolis"-Serie.
Roland Schimmelpfennig spricht mit Katja Weise über die Rolle des Theaters, über den Weg zum Stück, über die Annäherung an große Stoffe und die Frage, warum die antiken Tragödien am Menschsein rütteln.
9/24/2023 • 26 minutes, 2 seconds
"Mehr Respekt vor Hässlichkeit": Moshtari Hilal im Gespräch
Moshtari Hilal ist Künstlerin, Kuratorin, Autorin. Bekannt vor allem für ihre Zeichnungen, zumeist Selbstporträts oder Bilder ihrer Familie, oft großflächig, aber mit feinem Strich und viel Detail. Darin setzt sich die Hamburgerin seit Jahren mit Schönheitsidealen auseinander, mit deren Herkunft und Konsequenzen. Ein komplexes Thema - das Moshtari Hilal jetzt in einem Buch ausführlich beleuchtet. "Hässlichkeit" ist eine Collage aus persönlichen Erinnerungen, berührender Poesie und erschreckender Geschichte, Wort und Bild ergeben eine Einheit, Fakt und Fiktion gehen ineinander über. Im Gespräch mit Alexandra Friedrich geht es um Hilals sehr assoziatives Arbeiten. Um die Frage, was der Tod mit Hässlichkeit zu tun hat. Und darum, ob Kunst eigentlich immer weh tun muss.
9/17/2023 • 26 minutes, 2 seconds
"Jüdischer Humor ist sehr fein": Michel Bergmann im Gespräch
Er ist ein Erzähler durch und durch – der Autor Michel Bergmann, der Journalismus bei der Frankfurter Rundschau gelernt hat und später in Hamburg, Südfrankreich und Berlin als Filmproduzent und Drehbuchautor gearbeitet hat. Bekannt gemacht aber haben ihn seine Romane „Die Teilacher“, „Machloikes“ oder „Herr Klee und Herr Feld“, in denen er jüdisches Leben in Frankfurt lebendig werden lässt.
1945 geboren, als Kind jüdischer Flüchtlinge, aufgewachsen in Paris und Frankfurt, erzählt Michel Bergmann in seinem neuesten Buch „Mameleben oder das gestohlene Glück“ vom Leben seiner Mutter – als schmerzhafte Liebeserklärung, zugleich der Bericht einer fast toxischen Mutter-Sohn-Beziehung.
In der Sendung erfährt man aber auch, welches Vergnügen der Autor mit Henry Silberbaum hat, dem leidenschaftlichen Hobby-Detektiv und Helden seiner Krimireihe „Der Rabbi und der Kommissar“. In fröhlichem Verweis auf alttestamentarische Gebote heißen die Krimis im Untertitel „Du sollst nicht morden“ oder „Du sollst nicht begehren“. Demnächst werden sie fürs Fernsehen umgesetzt.
Michel Bergmann spricht mit Jens Büchsenmann über das Erzählen im Film, im Roman, im Krimi – und im Leben.
7/9/2023 • 26 minutes, 3 seconds
"Es geht immer um uns alle": Benno Gammerl im Gespräch
Was bedeutet eigentlich „queer“, welche Geschichten verbergen sich dahinter? Dass „queer“ viel mehr ist als ein Modewort, beweist Benno Gammerl in seinem gleichnamigen Sachbuch. Und darin schreibt er eine deutsche „queere“ Geschichte vom Kaiserreich bis heute.
Der Professor für Gender- und Sexualitätengeschichte am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz erklärt, dass unter den Hohenzollern nicht alles prüde und militaristisch zuging, dass damals die erste homosexuelle Zeitschrift weltweit gedruckt wurde. Dass sich historische Großereignisse mit der queeren Brille neu lesen lassen. Wie der Kampf um Sichtbarkeit die queere Geschichte immer wieder zum Leidensweg machte. Und dass es heute CSD-Paraden mit Traktor auch auf dem Dorf gibt.
Benno Gammerl spricht mit Peter Helling über queere Perspektiven, schwule, lesbische Hinterhofbars in Berlin, über Glanz und Verfolgung, über die gar nicht so „Goldenen Zwanziger“, Queer-Sein in BRD und DDR. Vor allem über eine Welt, die eben keine Nische ist, sondern alle betrifft.Was bedeutet eigentlich „queer“, welche Geschichten verbergen sich dahinter? Dass „queer“ viel mehr ist als ein Modewort, beweist Benno Gammerl in seinem gleichnamigen Sachbuch. Und darin schreibt er eine deutsche „queere“ Geschichte vom Kaiserreich bis heute.
Der Professor für Gender- und Sexualitätengeschichte am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz erklärt, dass unter den Hohenzollern nicht alles prüde und militaristisch zuging, dass damals die erste homosexuelle Zeitschrift weltweit gedruckt wurde. Dass sich historische Großereignisse mit der queeren Brille neu lesen lassen. Wie der Kampf um Sichtbarkeit die queere Geschichte immer wieder zum Leidensweg machte. Und dass es heute CSD-Paraden mit Traktor auch auf dem Dorf gibt.
Benno Gammerl spricht mit Peter Helling über queere Perspektiven, schwule, lesbische Hinterhofbars in Berlin, über Glanz und Verfolgung, über die gar nicht so „Goldenen Zwanziger“, Queer-Sein in BRD und DDR. Vor allem über eine Welt, die eben keine Nische ist, sondern alle betrifft. „Queer“ ist mehr.
7/2/2023 • 26 minutes
"Ich glaube nicht an Genialität": Erobique im Gespräch
"Live-Genie", "lebende Discokugel", "Mensch gewordener Laternenumzug" - die Musikpresse hat viele schillernde Namen für den Hamburger Musiker und Komponisten Carsten Meyer. Er selbst nennt sich Erobique und hat gerade unter diesem Alter Ego sein zweites Album veröffentlicht. Ein Vierteljahrhundert nach seinem Debütalbum entzückt "No. 2" Fans wie Feuilletons.
Alexandra Friedrich spricht mit ihm über die neue Platte, warum er so lange dafür gebraucht hat und was in der Zwischenzeit passiert ist. Es geht um seine Arbeit als Filmkomponist und die Kunst der Improvisation, um die Sehnsucht nach der Ferne und die Liebe zur Musikszene Hamburgs.
6/25/2023 • 26 minutes, 1 second
"Ich schaue eine Staffel pro Tag": Maren Lickhardt im Gespräch
Mit Augenzwinkern bezeichnet sie sich selbst als „seriensüchtige Extrem-Streamerin“. Täglich schaut die Literatur- und Medienwissenschaftlerin Maren Lickhardt eine Staffel einer Serie. Aus der privaten Leidenschaft wurde ein wissenschaftliches Anliegen. In Mainz hat sie promoviert. Seit 2017 sind sie an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck – inzwischen als assoziierte Professorin. Sie forscht zur Literatur der Weimarer Republik, zum Schelmen-Roman, zu Popkultur-Themen und dem exzessiven Serienkonsum – genannt „Binge Watching“, dem sie sich in ihrem aktuellen, gleichnamigen Buch widmet.
Maren Lickhardt spricht mit Juliane Bergmann über die Ästhetik und Dramaturgie von binge-würdigen Serien, über unsere Sehnsucht nach der Fiktion, über die Gemeinsamkeiten von Binge Watching und Literatur – und nebenbei verrät sie, warum das utopische Potenzial von Star Trek sie zum beherzten Trekkie gemacht hat.
6/16/2023 • 25 minutes, 59 seconds
"Gedichte sind mein Aufbegehren": Rike Scheffler im Gespräch
Um Zeit geht es, um Orte, um Steine und eine gewisse, ungewisse Zukunft, um die Definition des Ich und des anderen, das Gefühl des „Wir“. Rike Scheffler schreibt Lyrik, arbeitet mit Tönen und Musik und macht Performances. Studiert hat sie Psychologie in Berlin und literarisches Schreiben in Leipzig.
Auf Island holte sie sich Inspiration für ihren gerade erschienen Lyrik-Band „Lava. Rituale“. Auch als Übersetzerin ist Rike Scheffler tätig, jüngst hat sie die Gedichte von Kae Tempest ins Deutsche übertragen. Ein Band der von inneren Kämpfen als queere Person handelt, aber auch von Selbst-Akzeptanz und Zugehörigkeit. Darüber und über vieles mehr spricht Rike Scheffler mit Martina Kothe.
6/11/2023 • 25 minutes, 59 seconds
"Frauendenkmäler sind unsichtbar": Frauke Beeck im Gespräch
Sie reist selten ohne Skizzenbuch: die Künstlerin Frauke Beeck. Darin hält sie Szenen fest - und seit drei Jahren vor allem Studien von Frauendenkmälern. Oft sind diese Statuen versteckt, dafür aber einladend und auf Augenhöhe, sodass eine Art Dialog möglich ist. Ganz anders als bei Denkmälern von Männern, die hoch oben auf Sockeln und Rössern thronen, sagt Frauke Beeck: "Da sieht man ja nur die Schuhsohlen."
Mit den Skizzen geht die gebürtige Bremerin in ihr Atelier und entwirft Spraybilder der Frauen - in Pink, Neongelb und Giftgrün. "Ich verpasse ihnen einen modernen Anstrich, hole sie ins Hier und Jetzt und mache sie sichtbar."
Im Gespräch mit Andrea Schwyzer verrät Frauke Beeck, wie sie die Statuen, Tafeln und Büsten der wenigen Frauen überhaupt erst findet, welche Geschichten sich hinter den Figuren verbergen und wer für sie die "It-Girls auf Sockel" sind. Ihr Vorhaben: Alle Frauendenkmäler in Deutschland finden, zeichnen, sprayen und damit katalogisieren. Etwa 200 sind es wohl, so die Schätzung von Frauke Beeck. Zum Vergleich: Allein Otto von Bismarck wurde in Deutschland rund 700 mal ein Denkmal gesetzt.
6/4/2023 • 26 minutes, 1 second
Der Philosoph Hanno Sauer im Gespräch über Moral
Moral. Kaum ein zweiter Begriff ist derzeit so heiß umkämpft. Eine auf moralischen Fortschritt pochende Wokeness-Fraktion, so scheint es, steht Liberalen und Rechten gegenüber, die in der Aufrichtung neuer moralischer Tabus eine Bedrohung von Demokratie und Freiheit sehen. Man versteht einander nicht mehr, will es wohl auch gar nicht. Die Debatte über Moral ist entgleist – nicht zum ersten Mal in ihrer Geschichte. Doch was ist überhaupt Moral? Wie fanden die am Überleben interessierten Menschen zu ihr? Welche Rolle spielten Biologie, Religion, Kultur? Welche Etappen hat die Entwicklung durchlaufen, seit sie vor erstaunlichen fünf Millionen Jahren begann?
Der Philosoph Hanno Sauer hat der Moral und ihrer langen Geschichte ein fulminantes Buch gewidmet: „Moral. Die Erfindung von Gut und Böse“. Im Gespräch mit Ulrich Kühn erzählt er, wie alles begann, warum er im Buch die Religionen mit polemischen Seitenhieben bedenkt, was in der Debatte der letzten Jahre schiefgelaufen ist – und warum er selbst sorgsam und raffiniert darauf achtet, in den aktuellen Gegenwartskämpfen nicht ausrechenbar zu sein.
5/28/2023 • 27 minutes, 16 seconds
"Natur bringt mich zum Schwingen": Mona Harry im Gespräch
Möwen im Gleitflug, Schafe auf dem Deich, ein stürmischer Seewind. Die gebürtige Ahrensburgerin Mona Harry schreibt oft über die Natur Schleswig-Holsteins. Aufsehen erregt hat 2015 ihr Poetry-Slam-Beitrag „Liebeserklärung an den Norden“, der im Internet viral ging. Sie nimmt als Slam-Poetin an Meisterschaften teil und moderiert inzwischen auch die Bühnenwettbewerbe. Sie liebt die Offenheit des Formats, die keinen ausschließt: „Ich habe gar nicht Literatur studiert und trotzdem darf ich auf der Bühne etwas Verrücktes mit Sprache machen.“ Außerdem schreibt sie Bücher und wirkt an Bildungsprojekten für Kinder und Jugendliche mit. Jetzt hat sie einen persönlichen Reiseführer veröffentlicht: „Ins Blaue - 20 Radtouren im Land zwischen den Meeren“.
Mona Harry spricht mit Juliane Bergmann über Poetry Slam als kreative Spielwiese, über den cleveren Blick auf Umwege und Irrfahrten, über das Fahrrad als Gefährten und über die Natur, die sie zum Schwingen bringt.
5/21/2023 • 26 minutes, 33 seconds
Siri Hustvedt über den Zwang, eine "gute Mutter" zu sein
Mit ihren Büchern erreicht sie ein Millionenpublikum. Nun hat die US-amerikanische Schriftstellerin Siri Hustvedt einen neuen Essayband veröffentlicht: "Mütter, Väter, Täter". Im Gespräch mit NDR Kultur Redakteur Jan Ehlert erzählt sie von der innigen Beziehung zu ihrer eigenen Mutter, aber sie kritisiert auch den gesellschaftlichen Zwang, unter dem Mütter stehen: „Es gibt nur weniges in unserer Gesellschaft, was für so viel Empörung sorgt wie eine schlechte Mutter. Niemand möchte sich diesem Vorwurf aussetzen. Es ist also eine Art soziale Kontrolle des Verhaltens von Frauen.“ Mit ihren Texten versucht Hustvedt, diesen festgefahrenen Rollenbildern andere Perspektiven entgegenzustellen - und findet dabei auch in den Naturwissenschaften überraschende Erkenntnisse, die unsere Vorstellung von Männlichkeit und Weiblichkeit hinterfragen.
5/14/2023 • 25 minutes, 59 seconds
"Die Stimme hat verschiedene Temperaturen": Sascha Rotermund im Gespräch
Einige Menschen erkennen Sascha Rotermund schon an der Stimme. „Entschuldigung, sind Sie Doctor Strange?“, wurde der Schauspieler einmal beim Brillenkauf gefragt. Nach dem Schauspiel-Studium an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover arbeitete der 1974 geborene Westfale zunächst auf Theaterbühnen: in Engagements an den Theatern Lübeck und Magdeburg, am Schauspiel Hannover, an der Komödie Bremen sowie dem Hamburger Schauspielhaus, dem Thalia Theater und den Hamburger Kammerspielen. Inzwischen hat Sascha Rotermund auch das Mikrofon für sich entdeckt: Er ist Hörbuchinterpret und Synchronsprecher. Seine Stimme leiht er unter anderem Benedict Cumberbatch („Dr. Strange“), Jon Hamm („Mad Men“) und Omar Sy („Ziemlich beste Freunde“). Und er ist die neue Station Voice von NDR Kultur.
Sascha Rotermund spricht mit Andrea Schwyzer über die Stimme als Beruf, über die Beziehung zu Figuren, die er synchronisiert – und über die Sinnlichkeit, die darin liegt, sich ausschließlich aufs Hören zu konzentrieren.
5/7/2023 • 25 minutes, 59 seconds
"Ich habe viele Kulturen geschenkt bekommen": Dinçer Güçyeter im Gespräch
"Nichts kommt auf das Blatt, das nicht auf meiner Haut Spuren hinterlassen hat", sagt Dinçer Güçyeter, Autor und diesjähriger Gewinner des Preises der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik. Ausgezeichnet hat die Jury seinen Debüt-Roman "Unser Deutschlandmärchen", in dem er als Kind türkischer Gastarbeiter seine eigene Familiengeschichte erzählt. Mit Anfang 30 hat er seinen Beruf als Werkzeugmacher an den Nagel gehängt, um Lyriker zu werden, 2022 hat er den renommierten Peter-Huchel-Preis bekommen. Seinen Lyrik-Verlag ELIF finanziert er bis heute als Gabelstaplerfahrer in Teilzeit. Nun ist sein erster Roman preisgekrönt: Das Urteil der Jury der Leipziger Buchmesse: "Traditionell wie innovativ queer erzählt, reißt einen diese Einwanderergeschichte mit ihrer Emotionalität und großen politischen Bedeutung von Anfang an mit." Dinçer Güçyeter spricht mit Joachim Dicks über die Suche nach einer eigenen Sprache und Heimat, über die Lust am literarischen Spiel und den Mut zur Emotionalität.
4/30/2023 • 25 minutes, 46 seconds
El Hotzo über "Mindset", Elon Musk und Künstliche Intelligenz
Als El Hotzo teilt Sebastian Hotz auf Social Media tagtäglich Alltagsbeobachtungen gepaart mit politischen Kommentaren. Zudem arbeitet er als Gagautor für das ZDF Magazin Royale. Mehr als eine Millionen Accounts folgen ihm auf Instagram. Dass er mehr kann als kurze Punchlines in 280 Zeichen, das beweist Sebastian Hotz mit seinem ersten Roman "Mindset". Dort zeichnet er den angeblichen Erfolgsguru Maximilian Krach als Schaf im Wolfspelz, den bei aller zur Schau gestellten Selbstsicherheit insgeheim Zweifel und Panikattacken quälen. NDR Kultur-Redakteurin Alexandra Friedrich hat eine halbe Stunde mit Sebastian Hotz alias El Hotzo über seinen ersten Roman gesprochen.
4/23/2023 • 31 minutes, 18 seconds
Steve Skaith über 40 Jahre musikalisch-zivilen Ungehorsam
Seit 40 Jahren steht Steve Skaith mit Latin Quarter auf der Bühne, einer Band, deren Songs sozialkritisch und politisch sind und eher selten im Radio gespielt werden, was aber für Steve und seine Kollegen nie ein Grund war, die Musik aufzugeben. "Es gibt doch nichts Tolleres, als den Tag damit zu verbringen, sich auszudrücken. Ob man nun Schauspieler, Musiker oder Schriftsteller ist", sagt der britische Sänger und Songschreiber.
Martina Kothe spricht mit Steve Skaith über 40 Jahre musikalisch-zivilen Ungehorsam, über die Kraft weiterzumachen, auch wenn man von der Musik nicht leben kann und über die Freude an der Kunst. Das 40-jährige Jubiläum feiern Latin Quarter mit einigen Konzerten in ihrer Heimat England und sie kommen auch in den Norden: Am 18. April spielen sie in Hannover, einen Tag später in Hamburg und am 21. April sind sie in Bremen.
4/16/2023 • 26 minutes, 1 second
"Die Kirche braucht mehr Mut": Josephine Teske im Gespräch
Josephine Teske ist Pastorin - nicht nur in ihrer kleinen Hamburger Kirchengemeinde Meiendorf-Oldenfelde, sondern auch auf ihrem Instagram-Kanal "Seligkeitsdinge". 40.000 Followerinnen und Follower sind es inzwischen, die ihre Einträge lesen und abonniert haben. Wegen ihres Social-Media-Erfolgs ist sie 2021 in den Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands gewählt worden, um dort ihre Expertise für digitale Kirchenarbeit einzubringen. Kritisch blickt sie auf die Institution Kirche und wünscht sich in den eigenen Reihen mehr Erneuerung, Mut und Offenheit. Juliane Bergmann spricht mit Josephine Teske über ihre Arbeit als Pastorin, über Instagram als Ort der Begegnung, über Glaubenszweifel und -visionen, über die Kirche der Gegenwart und der Zukunft.
4/9/2023 • 25 minutes, 58 seconds
"Mein Alter sagt mir nichts": Klaus Maria Brandauer im Gespräch
Er zählt zu den bedeutendsten deutschsprachigen Schauspielern: der Österreicher Klaus Maria Brandauer. Für seine Darstellung in "Jenseits von Afrika" erhielt er einen Golden Globe und eine Oscar-Nominierung. Seit 1972 ist er Ensemblemitglied und Regisseur am Wiener Burgtheater. Seinen internationalen Durchbruch feierte er 1981 als "Mephisto" in der gleichnamigen deutsch-ungarischen Romanverfilmung und als Kontrahent von James Bond in "Sag niemals nie". Zu seinem 80. Geburtstag geht Brandauer im Sommer wieder mit Mozarts Briefen auf musikalische Lesereise durch Norddeutschland.
Julia Westlake spricht mit Klaus Maria Brandauer über seine beruflichen Anfänge, über das Ringen um künstlerische Freiheit und über die erste unfreiwillige Auseinandersetzung mit Wolfgang Amadeus Mozart, aus der eine tiefe, fundamental prägende Bewunderung wurde.
4/2/2023 • 25 minutes, 59 seconds
"Bitcoin kann unsere Welt gerechter machen": Ijoma Mangold im Gespräch
Über Geld spricht man nicht. Weder verraten wir unser Gehalt, noch stellen wir unser bestehendes Geldsystem in Frage. Ein fataler Fehler, findet der Literaturkritiker und Autor Ijoma Mangold. Er hat sich trotz anfänglicher Skepsis eingearbeitet in die komplexe Welt des Bitcoin und sieht inzwischen eine revolutionäre Kraft in dem digitalen Zahlungsmittel, die unser Miteinander grundlegend verändern könnte. In seinem Essay „Die orange Pille - Warum Bitcoin weit mehr als nur ein neues Geld ist“ erkundet er nicht nur den monetären, sondern auch den philosophischen Reiz des Bitcoin. Juliane Bergmann spricht mit Ijoma Mangold über den schlechten Ruf des Geldes, über den Mut zur Utopie und die Frage, was das Finanzsystem mit Gerechtigkeit zu tun hat.
3/26/2023 • 26 minutes, 11 seconds
Über die Macht des Hasses: Şeyda Kurt im Gespräch
Ob im Internet, auf der Straße oder im Parlament - die meisten Menschen dürften sich einig sein, dass eines dort nichts zu suchen hat: Hass. Şeyda Kurt sieht das anders und begibt sich in ihrem neuen Buch "Hass. Von der Macht eines widerständigen Gefühls" auf die Suche nach den schöpferischen und konstruktiven Potenzialen der vermeintlich destruktiven Emotion. Die 1992 in Köln geborene Şeyda Kurt führt damit ihre Arbeit über politische Gefühle fort: 2021 erschien ihr vielbeachtetes, teils autobiografisches Sachbuch "Radikale Zärtlichkeit. Warum Liebe politisch ist", mit dem sie es auf Anhieb auf Platz vier der Spiegel-Bestsellerliste schaffte. Mit Sebastian Friedrich spricht Şeyda Kurt über Hassende, über Machtverhältnisse, die Hass wachsen lassen – und darüber, wie Hass sogar "dienlich" werden und sich zu einer Kategorie der Ermächtigung wandeln kann.
3/19/2023 • 25 minutes, 49 seconds
"Langeweile ist politisch": Soziologin Silke Ohlmeier im Gespräch
Was ist Langeweile? Wie entsteht sie? Und wie wirkt sie sich auf den Menschen aus? Mit solchen Fragen befasst sich die Langeweile-Forschung – und zwar multidisziplinär: Medizin und Psychologie, Pädagogik und Philosophie.
Auch die Soziologin Silke Ohlmeier hat sich der ganz und gar nicht faden Materie verschrieben. Sie meint: „Langeweile ist politisch“ und beleuchtet in ihrem so betitelten neuen Buch erstmals das diskriminierende Potenzial der Langeweile.
Im Gespräch mit Alexandra Friedrich erklärt die in Hannover lebende Forscherin, warum Mütter sich häufiger langweilen als Väter und arme Menschen öfter als reiche.
3/12/2023 • 25 minutes, 58 seconds
Literaturvermittlung in Gefahr? Gespräch mit Rainer Moritz
Das Netzwerk der Literaturhäuser fordert eine Ausweitung der finanziellen Förderung wegen erheblich gestiegener Kosten.
3/5/2023 • 26 minutes, 1 second
Bildung in Zeiten von ChatGPT: Gefahr oder Chance?
ChatGPT ist zum Reizwort geworden, das zugleich nach Bedrohung und Verheißung klingt. Künstliche Intelligenz macht es möglich, automatisch Texte zu generieren und mit ihr zu kommunizieren – und das hat erhebliche Folgen nicht zuletzt für die Bildungslandschaft.
2/26/2023 • 25 minutes, 58 seconds
Ein Jahr Ukraine-Krieg - und nun?
Politikwissenschaftlerin Gwendolyn Sasse ist überzeugt: Ohne Expertise ist der Krieg gegen die Ukraine nicht zu verstehen.
2/19/2023 • 27 minutes, 26 seconds
Die Rückkehr des Nationalismus
„Der Nationalismus ist wieder eine politische Kraft in Deutschland.“ Eine Feststellung, von der man vor zehn Jahren wohl eher nicht gedacht hätte, dass sie in absehbarer Zeit noch einmal würde getroffen werden können. Heute hingegen wüsste man kaum, wie man ihr widersprechen sollte. Es ist Patrick Bahners, einer der renommiertesten Feuilletonisten im Lande, der diese Feststellung trifft in seinem soeben erschienenen Buch „Die Wiederkehr. Die AfD und der neue deutsche Nationalismus“. Darin analysiert er, wie diese Partei in den genau zehn Jahren ihrer Existenz die politische Kultur in diesem Land verändert hat und warum der Nationalismus „zu einem Zeitpunkt zurückgekommen ist, da nach aller historischen Erfahrung mit seiner Wiederkehr nicht mehr zu rechnen war.“ Gibt es denn irgendwelche Lernerfolge nach diesen zehn Jahren? Darüber spricht Alexander Solloch mit Patrick Bahners.
2/10/2023 • 25 minutes, 59 seconds
Gespräch mit der Meeresbiologin Antje Boetius
Nachdem sie Jules Vernes „20.000 Meilen unter dem Meer“ gelesen hatte, war es um Antje Boetius geschehen: Sie wollte als Entdeckerin raus aufs Meer und runter in die Tiefsee. Mehr als 50 Expeditionen später ist die Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven eine der gefragtesten Expertinnen für Klimafragen und die Bedeutung der Ozeane für unser Ökosystem. Kaum eine andere Wissenschaftlerin kann so mitreißend erzählen und Forschungsergebnisse lustvoll mit Gefühlen verbinden wie sie.
Über die neue Art der Wissensvermittlung, und über politische Forderungen und historische Errungenschaften auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft spricht Antje Boetius mit Andrea Schwyzer – bei einem imaginären Tauchgang unter die Meeresoberfläche zu Kraken, Quallen und fluoreszierenden Fischen.
2/5/2023 • 25 minutes, 32 seconds
"Welt ein kleines bisschen besser machen": Daniel Richter im Gespräch
Ein Bild habe keinen Parteiauftrag, sagt mit Daniel Richter einer der erfolgreichsten deutschen Maler. Es müsse einfach nur gut sein. Und seine Bilder seien es, sagt der frühere Hamburger Punk, der gerade 60 geworden ist. Schließlich würden Millionäre viel Geld für seine Kunst ausgeben, "weil sie so super besonders ist, dass alle sie haben wollen". Und auch wenn er mit seinen meist großformatigen Bildern keine Botschaft verbreiten wolle, würden sie die Welt doch "ein klitzekleines bisschen besser machen", weil sie eben besser seien als die Bilder anderer Leute. Und allein das sei "eine Verbesserung der gesamten Kultur der Menschheit".
Zum Filmstart von Pepe Danquarts Dokumentation "Daniel Richter" am 2. Februar hat die Kunstkritikerin Barbara Wiegand mit dem selbstbewussten Kunststar in seinem Berliner Atelier gesprochen. Richter beschreibt, wie er aus einfachen Verhältnissen im ostholsteinischen Eutin kommend zu einem der bestverdienenden deutschen Künstler wurde. Und warum Geldverdienen mit Kunst kein Makel ist.
1/29/2023 • 25 minutes, 48 seconds
Queeres Gedenken im Bundestag - Mitinitiator Lutz van Dijk im Gespräch
Schwule Männer wurden während des Nationalsozialismus nach § 175 verfolgt und interniert, lesbische Frauen und Transsexuelle erlitten als „Asoziale“ das gleiche Schicksal. In diesem Jahr wird die Gedenkstunde im Deutschen Bundestag für die Opfer des Nationalsozialismus jenen Menschen gewidmet, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität verfolgt wurden.
Mitinitiiert hat das der in Südafrika lebende Historiker, Schriftsteller und Pädagoge Lutz van Dijk. Im Gespräch mit Jürgen Deppe schildert er das Leid der Verfolgten, auch nach Überwindung des Nationalsozialismus, und beschreibt die Anerkennung, die diese Gedenkstunde für die LGBTIQ-Community bedeutet.
1/22/2023 • 25 minutes, 57 seconds
Kuchen statt Kunst! Vanessa-Isabelle Reinwand-Weiss im Gespräch
1/15/2023 • 25 minutes, 58 seconds
Fröhliche Weihnachten trotz Krisenmodus?
Die Deutschen sehen trotz globaler Krisen und persönlicher Einschränkungen Weihnachten deutlich optimistischer entgegen als in den vergangenen Jahren. Dieses überraschende Ergebnis zeigt eine Repräsentativumfrage der Bundeswehr-Universität in München.
Wie kann das sein? Wie gestalten die Menschen das Fest, was schenken sie, und wie steht’s um die Besinnlichkeit? Im Gespräch mit Jürgen Deppe erläutert Studienleiter Philipp Rauschnabel die aktuellen Erwartungen an Weihnachten und die Idee zu deren Umsetzung.
12/18/2022 • 25 minutes, 57 seconds
Weihnachten vegan? Gespräch mit Tierethikerin Friederike Schmitz
Gespräch mit der aus Kiel stammenden Philosophin, Tierrechtlerin und Veganerin Friederike Schmitz über den ihrer Meinung nach notwendigen Wandel unserer Ernährung und ihre "radikal-realistischen" Pläne zum Umbau von Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion
12/11/2022 • 25 minutes, 37 seconds
Das Gespräch mit Martin Mosebach
Alexander Solloch im Gespräch mit dem Büchner-Preisträger Martin Mosebach
12/4/2022 • 25 minutes, 58 seconds
Das Gespräch mit Musiker und Autor Oliver Polak
Alexandra Friedrich im Gespräch mit dem Comedian und Bestseller-Autor Oliver Polak über sein neues Buch „L’amour numérique“
11/27/2022 • 25 minutes, 58 seconds
Brandanschlag von Mölln: "Es gibt kein Vertrauen in den Staat"
Der Überlebende İbrahim Arslan erinnert an die Tat und die gesellschaftliche Pflicht, der Opfer zu gedenken.
11/20/2022 • 25 minutes, 59 seconds
Komponist John Rutter: "Ich wollte immer schon singen!"
Im Rahmen des NDR Kultur Chorexperiments gibt John Rutter Einblicke in seine Ideenwelt und die Kraft des Singens.