literaturcafe.de – Der Podcast für Autoren und Leser und alle, die verrückt nach Büchern sind. Im Podcast des Cafes gibt es Tipps, Interviews, Berichte, Kurzgeschichten, Gedichte und Kritiken. English: literaturcafe.de (The Literature-Cafe) is a German website for authors and readers and everybody who is mad about books. You will find tips, interview, reports, short-stories, poems and reviews in our award-winning podcast. Entertaining informations for readers and writers.
Live-Mitschnitt: Das Literarische Buchhandlesquartett 2023, das ein Duett war
Das Literarische Buchhandelsquartett auf den Stuttgarter Buchwochen hat Tradition. Vier Buchhänderinnen und Buchhändler aus dem Raum Stuttgart sprechen über vier Bücher des Herbstprogramms und diskutieren live vor Publikum. Doch in diesem Jahr wurde binnen 24 Stunden aus dem Quartett ein Duett. Helke Stadelmeier vom Vaihinger Buchladen und Wolfgang Tischer vom literaturcafe.de, ebenfalls gelernter Buchhändler, diskutierten über:
Charlotte Gneuß: Gittersee, S. Fischer
Christian Schulte-Loh: Es gibt einen Gott, und ihr ist langweilig, Droemer
Richard Adams: Unten am Fluss – Watership Down, Ullstein
Neu übersetzt von Henning Ahrens
Necati Öziri: Vatermal, Claassen
Außerdem gab es noch eine Runde mit Weihnachtstipps:
Andreas Pflüger: Wie sterben geht, Suhrkamp
Sid Sharp: Der Wolfspelz, NordSüd Verlag
Übersetzt von Alexandra Rak
Charlotte Müller, Christiane Dunkel-Koberg: Ein Haus mit vielen Fenstern, Kunstanstifter Verlag
Britta Teckentrup: Ein Fest von Obst und Früchten
Verlagshaus Jacoby & Stuart
Hören Sie den Live-Mitschnitt vom 3. Dezember 2023 von den Stuttgarter Buchwochen im Haus der Wirtschaft im Podcast des literaturcafe.de oder über den Player unter diesem Beitrag.
12/5/2023 • 0
Plötzlich Bestseller: Bonnie Garmus über ihren Roman »Eine Frage der Chemie«
Für eine kleine Lesetour ist Bonnie Garmus im November 2023 nach Deutschland gekommen. In Stuttgart findet an diesem Abend der letzte von lediglich vier Terminen statt. Deutschland sei ihr durchaus vertraut, sagt Bonnie Garmus, denn die in den USA geborene Autorin hat einige Jahre in Zürich gelebt und war daher auch oft im Nachbarland. Mittlerweile lebt Garmus in London.
Vor ihrer Lesung treffe ich mich mit Bonnie Garmus in der Lobby ihres Hotels. Wie so oft muss ich feststellen, dass Star- und Bestsellerautoren meist die umgänglichsten und freundlichsten sind. Dabei hat der Erfolg sie mehr oder weniger über Nacht ereilt. Im April 2022, als ich als einer der ersten eine Rezension über »Eine Frage der Chemie« schrieb, gab es noch nicht mal einen Wikipedia-Eintrag zur Autorin. »Bonnie Garmus ist glaubhaft im Netz nicht zu finden«, schrieb damals jemand in den Kommentaren. Garmus schien ein Phantom zu sein. Konnte diese märchenhafte Autorinnengeschichte stimmen? Weltweit ersteigern Verlage die Lizenz für einen Debütroman, der 2020 auf der damals digitalen Frankfurter Buchmesse von einer Londoner Literaturagentur angeboten wurde. Für den deutschsprachigen Markt sichert sich der Piper Verlag die Rechte.
Seit dem Erscheinen Ende März 2022 ist »Eine Frage der Chemie« in den Top-10 der deutschen Bestsellerliste vertreten. In 42 Sprachen wurde das Werk mittlerweile übersetzt. Über 700.000 Exemplare wurden allein in Deutschland verkauft, weltweit seien es über 6 Millionen, berichtet Garmus‘ deutsche Verlegerin Felicitas von Lovenberg.
Hat man bei Piper von Anfang an an den Erfolg geglaubt? Ja, und man habe einiges für das Buch getan, sagt von Lovenberg, allerdings betont sie im Gespräch, dass man als Verlag keinen Bestseller »machen« könne, davon sei sie nach acht Jahren als Verlegerin überzeugt. Verlegen sei »Glaube, Liebe, Hoffnung«, und man verliebe sich oft in Bücher, die dann leider nicht zum richtigen Zeitpunkt breit genug gelesen werden oder der Funke springe nicht über. Auch Verlegen sei eine Frage der Chemie.
Doch nicht nur der Erfolg des Buches ist real, auch Bonnie Garmus gibt es wirklich, und sie berichtet im Podcast des literaturcafe.de von ihrem Erfolg. Wie hat sie es mit über 60 mit nur einem Roman zum Weltbestseller geschafft?
11/14/2023 • 33 minutes, 53 seconds
»Nicht von dieser Welt« - Michael Ebert über seinen Roman und das Lesen in Schramberg
Seine erste Lesung moderierte in Hamburg Micky Beisenherz, demnächst spricht Michael Ebert in München mit Linda Zervakis über seinen Debut-Roman »Nicht von dieser Welt«. Dazwischen jedoch liest Ebert im beschaulichen Schramberg. Das dortige Krankenhaus hat sein Leben und seinen Roman geprägt. Wolfgang Tischer traf sich mit Michael Ebert für den Podcast des literaturcafe.de im Schwarzwald.
»Kann es sein«, sagt Michael Ebert und blickt verwundert auf die Fläche vor sich, auf der sein Buch liegt, »dass ich an diesem Tisch auch mein Abitur geschrieben habe?«
»Das ist so«, ruft ein älterer Herr im Publikum, der vielleicht sein Lehrer war.
Michael Ebert sitzt zusammen mit Moderator Christoph Plum auf der hohen Bühne der Aula des Schramberger Gymnasiums an ebendiesen kleinen Tischchen. Es ist einer dieser holzvertäfelten Mehrzwecksäle, die es in den in den 1970er-Jahren gebauten Schulen dieser Gegend, öfters zu geben scheint und die erstaunlich gut erhalten sind.
Vor fast 30 Jahren hat Michael Ebert hier tatsächlich sein Abitur geschrieben. Jetzt ist er wieder einmal in die Stadt zurückgekehrt, in der er aufgewachsen ist. Er ist gekommen, um aus seinem ersten Roman zu lesen: »Nicht von dieser Welt«. Der spielt größtenteils im ehemaligen Schramberger Krankenhaus, ohne dass der Name der Stadt im Buch nur ein einziges Mal erwähnt wird. Doch die beschriebene markante Tallage im Schwarzwald und benannte nahe Orte wie Rottweil oder die Auffahrt von der B462 auf die A81, machen den Ort identifizierbar. Und eben das Krankenhaus, das 2011 geschlossen wurde und für das die Stadt seit langem einen Investor sucht, der sich leider nicht findet. Das Krankenhaus ist zum Lost Place geworden. Drei Millionen Euro, so schrieb es Michael Ebert in einer Reportage für das SZ-Magazin im Jahre 2016, wolle die Stadt dafür haben. Mittlerweile ist der Preis auf 1,8 Millionen gesunken.
Michael Ebert, geboren 1974 in Freiburg, ist in diesem Krankenhaus aufgewachsen. Nicht als Patient. Seine Mutter arbeitete dort als Notfallkrankenschwester, und da die Familie in prekären Verhältnissen lebte, bezog man irgendwann die günstige Personalwohnung im Gebäude.
Nach dem Abitur, Zivildienst und einem Volontariat bei der Schwäbischen Zeitung verließ Ebert die Stadt, studierte etwas Jura. »Aber nicht zu Ende«, betont er während seiner Lesung. Er leitete irgendwann das »jetzt«-Magazin der Süddeutschen Zeitung, wechselte dann zu Gruner & Jahr nach Hamburg, nachdem das Magazin eingestellt wurde. Dort war er Chef von »Neon«, dem inoffiziellen jetzt-Nachfolger. 2013 kehrte Ebert nach München zurück und übernahm die Chefredaktion des wöchentlichen SZ-Magazins.
Und warum jetzt ein Roman?
Nach dem Tod seines Vaters im März 2022, saß er nachts am Küchentisch, um seine Gefühle zu sortieren, erzählt Michael Ebert im Podcast des literaturcafe.de. Das Aufschreiben von Erinnerungen führte dann zur Idee, einen Roman zu schreiben. Es vermengte sich Reales mit Fiktivem.
Einen Roman zu schreiben sei für ihn als Journalist so etwas wie »eine andere Hirnhälfte, die bespielt wird«. Tipps und Ratschläge habe er unter anderem von Simone Buchholz und Daniel Kehlmann bekommen. Auch davon erzählt Ebert im Podcast.
Aus dem Michael im echten Leben wurde der 13-jährige Mischa im Roman. Ein magisches, übersinnliches Element kam hinzu, dann – so erzählt es Ebert während der Lesung – tauchte plötzlich die Figur der 17-jährigen Sola an Mischas Seite auf, und zusammen verlassen sie den Schwarzwald, um in Halberstadt in Ostdeutschland einen ganz besonderen Schatz zu heben: 100 Milliarden Ostmark, die nach der Wende in einem Stollen deponiert wurden, der im Nazi-Deutschland von Zwangsarbeitern gegraben wurde. Auch dieses Element des Romans entnahm Ebert der Realität.
Hören Sie im Podcast das ausführliche Gespräch mit Michael Ebert über die Entstehung des Romans und wie er einen weiteren Prominenten als Testleser gewinnen konnte, der fürs Buch ein Zitat geliefert hat: Herbert Grönemeyer.
Auf der Rückfahrt von Schramberg läuft übers Autoradio dann auch »Deine Zeit« von Herbert Grönemeyer. Wer den Podcast hört, weiß warum.
9/28/2023 • 27 minutes, 35 seconds
»Hast du uns endlich gefunden« - Edgar Selge im Gespräch über sein literarisches Debüt
Mitten im Schwarzwald unter dem nächtlichen Sternenhimmel spricht Wolfgang Tischer mit Edgar Selge über die Entstehung des Buches.
Der Vater ist Gefängnisdirektor und Hobby-Pianist auf hohem Niveau. Ins Wohnhaus neben der Mauer der Justizvollzugsanstalt lädt er regelmäßig Profi-Musiker ein, um mit ihnen klassische Konzerte zu geben. Sowohl vor den Gefangenen als auch vor den gutbürgerlichen Freunden und Bekannten. Es ist die Zeit um 1960, der strenge und autoritäre Vater hat sein nationalsozialistisches Denken noch nicht abgelegt. Am Esstisch kommt es regelmäßig zu Konfrontationen mit seinen Söhnen. Einer von ihnen ist der 12-jährige Edgar.
Der Schauspieler Edgar Selge (*1948) hat die Erlebnisse seiner Kindheit in seinem literarischen Debüt »Hast du uns endlich gefunden« verarbeitet. Fünf Jahre, so erzählt er es im Podcast des literaturcafe.de, habe er daran gearbeitet. Die größte Herausforderung bestand zunächst darin, die passende Perspektive und den Erzählton zu finden.
Anfang September 2023 finden im Landkreis Freudenstadt die 9. Literaturtage Nordschwarzwald statt und Selge liest zur Eröffnung aus seinem Buch. Er habe nicht mitgezählt die wievielte Lesung seit Erscheinen des Buches im Jahre 2021 das gewesen sei, aber zwischen 50 und 60 mal dürfte es gewesen sein. Hilft da die Ausbildung als Schauspieler, das immer noch so eindringlich zu lesen? Sicherlich, sagt Selge. »Jeder Text bedeutet an jedem Tag für einen selber etwas Neues und etwas Anderes«.
Wie wird das eigene Leben und Erleben zu einem Buch, auf dem weder die Bezeichnung »Roman« noch »Autobiografie« zu finden ist, das jedoch ganz klar ein literarisches Werk ist?
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Edgar Selge, geführt unter dem nächtlichen sternenklaren Schwarzwaldhimmel, im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
9/7/2023 • 15 minutes, 37 seconds
Erfolgreiches Self-Publishing: Autorin Melissa Ratsch und Michael Döschner-Apostolidis von Tolino Media im Gespräch
Melissa Ratsch schreibt als Self-Publisherin vier bis fünf Bücher im Jahr und sagt von sich selbst, dass sie sonst keine anderen Hobbys habe. Im Hauptberuf ist sie Projektleiterin und daher geht sie ihre Buchveröffentlichungen genauso an. Zusammen mit ihren Lektorinnen und der Cover-Designerin hat sie ihre Veröffentlichungen schon ein Jahr im Voraus genau geplant. »Man muss sich immer bewusst sein, dass man als Self-Publisher Autor ist, aber zeitgleich immer auch Unternehmer. Daher muss man sich auch Deadlines setzen. Das ist vielleicht unangenehm, aber anders wird man schwerlich Erfolg haben«, sagt Melissa Ratsch.
Wie Melissa Ratsch schreibt und ihre Veröffentlichungen plant, davon erzählt sie in dieser Podcast-Folge des literaturcafe.de. Wer noch mehr über Melissa Ratsch erfahren möchte, dem sei auch die etwas ältere Podcast-Folge der »Zwei von der Talkstelle« empfohlen und natürlich ihre Website.
Wolfgang Tischer hat sich für eine Podcast-Folge zum Thema Self-Publishing mit Melissa Ratsch und Michael Döschner-Apostolidis im Stuttgarter Schriftstellerhaus getroffen.
Michael Döschner-Apostolidis leitet seit Oktober 2022 Tolino Media, den Self-Publishing-Distributor der Tolino Allianz. Döschner-Apostolidis berichtet von den neuesten Aktivitäten des Dienstleisters, der sich auf dem deutschsprachigen Markt erfolgreich gegen Amazon behauptet. Neben dem E-Book-Format bietet Tolino Media bereits seit einiger Zeit Print-on-Demand an, jetzt kommt neu das »Lieblingsbuchprogramm« hinzu, das gedruckte Bücher von Erfolgsautorinnen und -autoren in den Buchhandel bringen soll. Außerdem veranstaltet Tolino im September 2023 das erste Mal ein Schreib-Barcamp in Mainz.
Mit Melissa Ratsch und Michael Döschner-Apostolidis spricht Wolfgang Tischer darüber, was erfolgreiches Self-Publishing im Jahre 2023 ausmacht.
Zudem ist Melissa Ratsch im Vorstand des Selfpublisher-Verbands. Sie erläutert, was die Mitgliedschaft bringt und wer dort Mitglied werden kann.
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Melissa Ratsch und Michael Döschner-Apostolidis im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
8/17/2023 • 1 hour, 2 minutes, 43 seconds
Michael Krüger über seine Rolle als »Poeta Laureatus« - Literaricum Lech 2023
Der Titel des »Poeta Laureatus« stammt aus der Zeit antiker Dichterwettstreite. Wortwörtlich bedeutet er »lorbeerumkranzter Dichter«. Beim Literaricum Lech will man die Auszeichnung als Poeta Laureatus oder Poeta Laureata künftig jährlich vergeben. Das Preisgeld stiftet die Gemeinde Lech.
Michael Krügers monatliche Gedichte zum Zeitgeschehen sind u.a. auf der Website des SWR zu hören. Dort findet sich auch zu jedem Gedicht ein Gespräch mit Michael Krüger.
Michael Krügers Dankesrede kann beim Standard nachgelesen werden.
Der Begriff des »Poeta Laureatus« wird bisweilen als »Nationaldichter« gesehen. Tatsächlich gibt es beispielsweise in den USA den »Poet Laureate«. Populär wurde dieses Amt hierzulande, als Amanda Gorman bei der Amtseinführung von Joe Biden ein Gedicht vortrug. Danach wurde auch in Deutschland diskutiert, ob man nicht das Amt einer Staatsdichterin oder eines Staatsdichtes einführen sollte.
Können Gedichte die Welt verändern? Nicht die Welt aber die Menschen, sagt Michael Krüger im Podcast des literaturcafe.de. Das Gespräch führte Wolfgang Tischer mit dem Preisträger unmittelbar nach seiner Würdigung.
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8/2/2023 • 11 minutes, 14 seconds
Nicola Steiner über Jane Austen und das Literaricum: »Den Blick verändern« - Literaricum Lech 2023
Jane Austens »Stolz und Vorurteil« habe Nicola Steiner für 2023 ausgewählt, damit man Vorurteile gegenüber Jane Austen ablegen könne. Dass Austens Hauptfigur Elisabeth Bennet einen Heiratsantrag ablehnt, obwohl sie weiß, was dies für sie sozial und ökonomisch bedeutet und dass sie ihn später von sich aus als freie Entscheidung und aus Liebe doch annimmt, das ist für Nicola Steiner eine moderne Form der weiblichen Selbstermächtigung. Das Programm des Literaricum widmete sie daher verstärkt dem Frauenbild damals und heute, obwohl, wie Nicola Steiner mit Bedauern und mit Blick auf die begrenzte Zeit betont, auch der Aspekt der Fan-Fiction rund um »Stolz und Vorurteil« interessant gewesen wäre.
Für Nicola Steiner ist am Literaricum immer wieder faszinierend, dass die einzelnen Teile des Programms den Blick auf andere Teile verändert und man Dinge, die man vorher schon kannte, ganz anders wahrnimmt. »1+1+1 macht nicht 3, sondern 1+1+1 macht 3+Magie«, sagt Nicola Steiner im Podcast des literaturcafe.de.
Nicola Steiner ist deutschen TV-Zaungästen als Moderatorin des Schweizer Literaturclubs bekannt. Dort moderierte sie jedoch unlängst ihre letzte Sendung. Ab dem 1. September 2023 wird Nicola Steiner das Literaturhaus in Zürich leiten.
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7/31/2023 • 12 minutes, 10 seconds
Übersetzerin Andrea Ott: »800 Seiten Charlotte Brontë waren wie eine Lehrzeit« - Literaricum Lech 2023
Sie ist eine preisgekrönte und vielgelobte Übersetzerin und dennoch sagt Andrea Ott, sei sie völlig unfähig, sich auf Englisch mit jemandem zu unterhalten. Nahezu autodidaktisch habe sie sich damals das Übersetzen mit einem 800-Seiten-Roman von Charlotte Brontë beigebracht. Im Podcast des literaturcafe.de spricht Übersetzerin Andrea Ott über ihre Arbeit.
Als Übersetzerin hat sich Andrea Ott auf britische und amerikanische Klassiker spezialisiert. Das sei von Vorteil, sagt Andrea Ott im Podcast des literaturcafe.de. »Denn stellen Sie sich mal vor, ich müsste mit einem Autor auf Lesereise gehen, wo ich doch kein Englisch kann.« Eine vom Feuilleton vielgelobte und preisgekrönte Übersetzerin englischer Werke, die die Sprache im Alltag nicht sprechen kann?
Tatsächlich klingt Andrea Otts Werdegang unglaublich. Damals habe sie einen Artikel in der ZEIT gelesen, in dem vermerkt wurde, dass noch nicht alle Bücher von Charlotte Brontë übersetzt seien. »Das ist doch was für dich«, sagte Otts Mutter und so kaufte sich Andrea Ott einen 800-Seiten-Roman von Charlotte Brontë und arbeitete drei Jahre an der Übersetzung. Das sei so etwas wie ihre Lehrzeit gewesen, sagt Andrea Ott. Englisch habe sie eigentlich in der Schule abgewählt, aber die englische Literatur habe sie immer interessiert. So begann ihre Karriere als Übersetzerin. Rasch bekam sie einen Vertrag bei Manesse und übersetzte u. a. Jane Austen, Charlotte Brontë, Elizabeth Gaskell, Thomas Hardy, Henry James, Upton Sinclair und Evelyn Waugh.
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7/29/2023 • 12 minutes, 34 seconds
Denis Scheck über Jane Austen: »Eine helle Lesefreude« - Literaricum Lech 2023
Seit den Tagen seiner Jugend sei für ihn Jane Austen eine »helle Lesefreude«, sagt Literaturkritiker Denis Scheck.
Leider haben die Verwandten Jane Austens ganze Jahrgänge ihrer privaten Korrespondenz vernichtet. Scheck bedauert es, dass wir aus den verbliebenen Briefen nicht wirklich etwas aus ihrer Gedankenwelt erfahren. So wie beispielsweise der Krieg mit Frankreich und Napoleon in »Stolz und Vorurteil« nicht erwähnt wird, so wissen wir auch nicht, was Austen Privat über Napoleon oder den verrückt gewordenen König Georg III. dachte.
Denis Scheck wäre »sehr, sehr dankbar«, wenn man irgendwo in Südengland auf einem Dachboden oder in einem Keller noch eine alte Truhe mit Jane-Austen-Dokumenten zu finden wäre.
Seit Denis Schecks Eröffnungsrede zu Jane Austen beim Literaricum Lech wissen wir auch, dass der Literaturkritiker auch in der Sauna liest. Es sei, so Scheck im Podcast-Gespräch, »immer schön, wenn man nach zwei bis drei Saunagängen später im Bett noch merkt, dass der Buchblock etwas Wärme abgibt.«
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Denis Scheck vom Literaricum Lech, im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
7/26/2023 • 8 minutes, 8 seconds
Thomas Sarbacher über Lesen, Pointen und die Haltung der Figur - Literaricum Lech 2023
2022 war es kein Problem: Thomas Sarbacher konnte beim 2. Literaricum Lech »Bartleby der Schreiber« von Hermann Melville komplett vorlesen. Der Vortrag der vollständigen Erzählung dauerte keine zwei Stunden, und alle Besucherinnen und Besucher des Literaricums kannten den Text. Die Lesezeit von »Stolz und Vorurteil« hingegen würde 12 Stunden deutlich überschreiten. Daher war diesmal eine »komprimierte Lesefassung« angekündigt. Für welche Ausschnitte und Passagen würde sich Thomas Sarbacher entscheiden?
Stattdessen las Sarbacher den Anfang des Romans. »So werde ich am ehesten den sprachlichen Entfaltungsmöglichkeiten des Werkes gerecht«, war Sarbacher schnell klar. Bei Jane Austen müsse man den Text zur Geltung bringen, weil auf der Handlungsebene so viel gar nicht passiere. »Die Eigentlichen Sensationen geschehen im sehr kleinen Bereich der zwischenmenschlichen Begegnungen«, sagt Sarbacher.
Jane Austens Text ist ironisch und witzig. Wie legt man dies beim Lesen an? Macht Text mit Dialogen beim Vorlesen mehr Spaß als andere? Und würde Thomas Sarbacher doch gerne einmal den kompletten Roman vorlesen?
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Thomas Sarbacher vom Literaricum Lech, im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
7/24/2023 • 11 minutes, 36 seconds
Michael Köhlmeier über die Magie des Schreibens - Literaricum Lech 2023
Michael Köhlmeier sieht seine Rolle als Mit-Initiator des Literaricum bescheiden. Vor mittlerweile 26 Jahren habe man sich in Lech am Arlberg gefragt, was man tun könne, um das Image dieses Dorfes zu heben, dass es nicht den Weg wie Ischgl oder Sölden einschlägt. Damals wurde das Philosophicum Lech gegründet. Diese philosophische Tagung, bei der jeweils ein Thema im Mittelpunkt steht, genießt heute im deutschsprachigen Raum einen ausgezeichneten Ruf. »Alles wird gut. Zur Dialektik der Hoffnung« ist im Herbst 2023 das Thema.
Das erfolgreiche Konzept des Philosophicums wurde in ähnlicher Weise auf das Literaricum übertragen, das 2023 erst zum 3. Mal stattfand. Hier steht ein jeweils ein Klassiker der Weltliteratur im Fokus, in diesem Jahr »Stolz und Vorurteil« von Jane Austen.
Michael Köhlmeier berichtet im Podcast von der Entstehung des Formats, bevor es um die Dialoge in Austens Werk geht. Gute Dialoge haben stets eine zweite Ebene, einen Sub-Plot. Der Sub-Plot in Austens Roman offenbare die menschenverachtende und antihumane Einstellung der damaligen Gesellschaft. Junge Frauen und Männer werden behandelt wie auf dem Viehmarkt. Darüber legen sich kontrastierend die Dialoge mit einer feinen, vornehmen Sprache.
Doch wie gelingt es, Dialoge so meisterhaft zu schreiben wie Jane Austen? Diese Frage nach dem Handwerk oder Talent stellt sich immer wieder.
Dem Eröffnungsabend des Literaricum fügt Michael Köhlmeier stets eine kleine literarische Beobachtung bei. Diesmal war es das Postulat, dass man als Autor oder Autorin immer an seine Figur denken solle und diese stets Vorrang vor Leserin oder Leser haben sollte. Was Köhlmeier damit meint, erörtert er nochmal im Podcast des literaturcafe.de.
Das Gespräch wurde auf der sonnigen aber leicht windigen Dachterrasse des Hotels Sonnenburg auf rund 1.700 Metern Meereshöhe begonnen. Da half auch der puschelige Windschutz am Mikro nur bedingt. Man möge am Anfang über die Windgeräusche hinweghören. Das Gespräch wurde nach kurzer Zeit drinnen weitergeführt.
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Michael Köhlmeier vom Literaricum Lech, im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
7/22/2023 • 33 minutes, 36 seconds
Bachmannpreis-Podcast 2023 - Tag 4: Thomas Strässle und Peter Fässlacher im Gespräch
Die 47. Tage der deutschsprachigen Literatur sind vorbei. Fünf Preise sind vergeben. Wolfgang Tischer und Bozena Badura sitzen im Raum unter dem ORF-Studio und blicken auf die vergangenen Tage und die Preisverleihung. Die drei Lesetage wurden ja bereits in den drei letzten Folgen ausführlich besprochen.
Der neue Bachmannpreis-Juror Thomas Strässle (Foto: Tischer)
Neu-Juror Peter Strässle erzählt zudem in dieser Folge, wie er die Jury-Diskussion erlebte und wie er seine beiden Texte für Klagenfurt ausgewählt hat, darunter ein Gewinnertext. Doch zunächst gratuliert ihm Wolfgang Tischer zum Gewinn des Titels »Beliebtester Bachmannpreis-Juror 2023«.
Der neue Bachmannpreis-Moderator Peter Fässlacher (Foto: Tischer)
Am Schluss dieser Folge dann noch ein ausführliches Gespräch mit dem neuen Moderator Peter Fässlacher. Ist er zufrieden, dass alles reibungslos verlief? Wie reagiert man, wenn plötzlich eine Zuschauerin aufsteht und auch etwas sagen möchte? Wie empfand er die Zusammenarbeit mit der Jury? Und was waren die größten Herausforderungen bei der Moderation?
Die Preisträger:innen des Jahres 2023
Sie können sich über Ihre Preis freuen: Martin Piekar, Anna Felnhofer, Valeria Gordeev und Laura Leupi (Foto: Tischer)
Bachmannpreis (25.000 Euro): Valeria Gordeev: Er putzt
Deutschlandfunkpreis (12.500 Euro): Anna Felnhofer: Fische fangen
Kelag-Preis (10.000 Euro) und BKS-Publikumspreis (7.000 Euro): Martin Piekar: Mit Wänden sprechen/Pole sind schwierige Volk
3sat-Preis (7.500 Euro): Laura Leupi: Das Alphabet der sexualisierten Gewalt
Hören Sie die Gespräche und die Analyse der 47. Tage der deutschsprachigen Literatur im Podcast des literaturcafe.de.
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7/2/2023 • 57 minutes, 42 seconds
Bachmannpreis-Podcast 2023 - Tag 3: Anna Felnhofer und Yevgeniy Breyger im Gespräch
Alle Texte sind vorgelesen - einige wurden auch performt. Was brachte der dritte und letzte Lesetag? Besonders über den Text von Laura Leupi wurde heftig diskutiert. Wolfgang Tischer, Andrea Diener und Bozena Badura blicken auf den Lese-Samstag, an dem es erstaunlicherweise in der Mittagspause zu regnen begann.
Yevgeniy Breyger nach seiner Lesung (Foto: Tischer)
Yevgeniy Breyger machte den Auftakt und Wolfgang Tischer sprach mit ihm nach seiner Lesung. Bereits am Vortag las Anna Felnhofer, die nach ihrem Auftritt gestern »nur noch schlafen« wollte. Ist sie dazu gekommen und wie empfand sie ihre Lesung und wie ist ihr Text entstanden? Wird mehr daraus werden? Das Gespräch mit Anna Felnhofer gibt es ganz am Schluss dieser Folge zu hören.
Anna Felnhofer hat am Freitag gelesen (Foto: Tischer)
Am Sonntag, 2 Juli 2023 wird der Bachmannpreis und weitere Preise vergeben. Leider kann dann Andrea Diener nicht mehr beim Podcast mit dabei sein, da sie schon im Zug sitzt. Daher muss ihr in dieser Folge die Frage gestellt werden: Wer hat Chancen auf den Bachmannpreis 2023?
Außerdem kann bis zum Samstag, 1. Juli 2023 noch abgestimmt werden: Wer ist der oder die beste Bachmann-Juror(in) 2023?
Am Samstag, 1. Juli 2023 lasen beim Bachmannpreis:
Yevgeniy Breyger: Die Lust auf Zeit
Mario Wurmitzer: Das Tiny House ist abgebrannt
Laura Leupi: Das Alphabet der sexualisierten Gewalt
Deniz Utlu: Damit du sprichst
Hören Sie die ausführliche Analyse des dritten Lesetages im Podcast des literaturcafe.de.
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7/1/2023 • 1 hour, 4 minutes, 1 second
Bachmannpreis-Podcast 2023 - Tag 2: Elias Hirschl als Gast und Martin Piekar im Gespräch
Neben dem mit 25.000 Euro dotierten Bachmannpreis, können die Zuschauer den von der BKS gestifteten Publikumspreis vergeben. Wer ihn gewinnt, ist im nächsten Jahr automatisch auch Stadtschreiber von Klagenfurt. Auch in diesem Jahr kann am Samstag, 1. Juli 2023 wieder auf bachmannpreis.orf.at abgestimmt werden.
Im letzten Jahr hat Elias Hirschl den Publikumspreis gewonnen. Von Mai bis Ende September 2023 wohnt er in Klagenfurt.
Für etwas Aufsehen sorge er mit dem Essay »Was hat Jörg Haiders Tennislehrer mit dem Bachmannpreis zu tun?« im Standard. Im Podcast erzählt er, wie es zu diesem Text über Klagenfurts Bürgermeister kam. Zudem erschüttert derzeit ein Justizskandal die Stadt.
Doch darüber soll in der Podcast-Folge vom 2. Lesungstag nicht weiter gesprochen werden, denn schließlich geht es um die vier Lesungen des Tages, von denen mindestens drei Jury und Publikum begeisterten.
Außerdem ist in dieser Podcast-Folge ein kurzes Gespräch mit Martin Piekar zu hören, das Wolfgang Tischer mit ihm nach der Lesung geführt hat. Auch als literarische Figur muss man sich selbst erschaffen, so Piekar.
Am Freitag, 30. Juni 2023 lasen beim Bachmannpreis:
Sophie Klieeisen: Taube Früchte
Martin Piekar: Mit Wänden sprechen/Pole sind schwierige Volk
Jacinta Nandi: Wenn ich eine Zeitmaschine hätte
Anna Felnhofer: Fische fangen
Hören Sie die ausführliche Analyse des zweiten Lesetages im Podcast des literaturcafe.de.
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6/30/2023 • 49 minutes, 34 seconds
Bachmannpreis-Podcast 2023 - Tag 1: Jayrome Robinet und Mithu Sanyal im Gespräch
Gast in dieser Podcast-Folge ist Bozena Badura von literaturwelten.com, die u.a. den Literaturwettbewerb »Das Debut« organisiert. Andrea Diener und Wolfgang Tischer blicken mit ihr auf den ersten Lesetag.
Außerdem gibt es in dieser Podcast-Folge ein Gespräch mit Autor Jayrome C. Robinet zu hören, der mit seinem Text »Sonne in Scherben« den Literaturwettbewerb fulminant einleitete. Ebenso spricht Wolfgang Tischer mit Neu-Jurorin Mithu Sanyal, die den Autor nach Klagenfurt eingeladen hat.
Am Donnerstag 29. Juni 2023 lasen beim Bachmannpreis:
Jayrome C. Robinet
Andreas Stichmann
Valeria Gordeev
Anna Gien
Besonders beim letzten Text wundern sich die drei Podcaster, wie es ein solcher Text nach Klagenfurt geschafft hat. Hören Sie die ausführliche Analyse des ersten Lesetages im Podcast des literaturcafe.de.
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6/29/2023 • 1 hour, 2 minutes, 33 seconds
Bachmannpreis-Podcast vom Eröffnungsabend 2023: Freiheit ist kein individueller Besitz
Am Dienstagabend regnete es noch in Strömen, doch am Eröffnungsabend der 47. Tage der deutschsprachigen Literatur war es warm und alles wieder wie 2019. Diesmal lesen an den kommenden drei Tagen nicht 14, sondern 12 Autorinnen und Autoren um den mit 25.000 Euro dotierten Bachmannpreis und weitere Preise. Zwei Lesende mussten leider ihre Teilnahme in Klagenfurt kurzfristig absagen.
Im Podcast des literaturcafe.de, der in den kommenden Tagen wieder zum täglichen Bachmannpreis-Podcast wird, melden sich Andrea Diener und Wolfgang Tischer aus Klagenfurt vom Eröffnungsabend mit einer Weinschorle (oder G’spritztem, wie man in Österreich sagt).
Neben der Auslosung der Lesereihenfolge wird am Ende des Eröffnungsabends die Klagenfurter Rede zur Literatur gehalten, diesmal von Tanja Maljartschuk, der Bachmannpreisträgerin von 2018. Die Rede trägt den Titel »Hier ist immer Gewalt. Hier ist immer Kampf.«
Maljartschuk wuchs in der Ukraine auf und sie thematisierte ihre Unfähigkeit und Unmöglichkeit zu schreiben, aufgrund des russischen Angriffskrieges. Ein begonnenes Romanprojekt musste sie abbrechen. Die Wirklichkeit macht für sie Literatur unmöglich. Und dennoch verknüpfte die Autorin in ihrer Rede gekonnt philosophisch-literarische Fragen mit ihrer eigenen familiären Vergangenheit und der Lage der Welt. Ein auch formell interessant gearbeiteter Redetext, der auf der Website zum Bachmannpreis nachgelesen werden kann.
An dieser Stelle sei nochmals Tanja Maljartschuks Roman »Blauwal der Erinnerung« empfohlen und das Gespräch mit der Autorin von der Leipziger Buchmesse 2019.
Zuvor dankte die Jury-Vorsitzende Insa Wilke dem langjährigen Moderator Christian Ankowitsch, dessen Absetzung von Seiten des ORF kommunikativ sehr unglücklich verlaufen war (siehe Bericht).
Nachfolger Peter Fässlacher moderierte den Eröffnungsabend zusammen mit Cecile Schortmann souverän, seine Bewährungsprobe wird er aber erst in den kommenden Tagen beim Leiten der Diskussion haben. Ein Interview mit dem ORF-Kulturmoderator wird voraussichtlich am Sonntag im Bachmannpreis-Podcast zu hören sein.
Insa Wilke ging in ihrer kurzen Rede als Jury-Vorsitzende zudem auf den Begriff der Freiheit ein. Die Lektüre des Buches »Gekränkte Freiheit: Aspekte des libertären Autoritarismus« von Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey habe ihr den Begriff auf erhellende Weise näher gebracht. Freiheit solle nicht als persönliches Besitztum gesehen werden, sondern Freiheit entstehe im Austausch mit anderen. Dies übertrug sie auf die Literaturkritik, und sie wünschte sich für die kommenden Tage eine Diskussion in diesem Sinne. Eine versteckte Kritik an der Diskussionskultur der Vorjahre?
Seit Jahren, so stellt es Andrea Diener im Podcast fest, argumentiert man in Klagenfurt gegen angebliche Bedrohungen an, der die Literatur ausgesetzt sei. Aktuelles Schreckgespenst: die künstliche Intelligenz. Man kam bei der Eröffnung nicht umhin, sich gegenseitig zu versichern, dass Kreativität immer noch Menschensache sei. Hoffen wir, dass das Thema KI in den kommenden Tagen nicht weiter abgegriffene Erwähnung findet.
Überhaupt muss angemerkt werden, dass von einer KI geschriebene Passagen in einem Bachmman-Text bereits 2020 auftauchten. Das erklärte zumindest der Autor Jörg Piringer.
Hören Sie die ausführliche Analyse des Eröffnungsabends von Wolfgang Tischer und Andrea Diener im Podcast des literaturcafe.de. Was ist von den kommenden Tagen und Texten zu erwarten?
Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
6/28/2023 • 31 minutes, 19 seconds
Olaf Kutzmutz: Literatur an der Bundesakademie für Kulturelle Bildung in Wolfenbüttel
Regelmäßig lädt hochkarätige Dozenten ein. Im Podcast des literaturcafe.de erläutert Kutzmutz, was die Bildungseinrichtung so besonders macht.
Trotz des gewichtigen Namens steht sie jeder und jedem offen: die Bundesakademie für Kulturelle Bildung in Wolfenbüttel. Hier widmet man sich der Musik, der bildenden Kunst, dem Theater – und der Literatur.
Wer professionell schreiben oder zumindest sein Schreiben professionalisieren will, sollte einen Blick ins Programm der Akademie werfen.
Wie kam eine Bundesakademie nach Wolfenbüttel? Was macht das Besondere dieser Einrichtung aus? Welche Schwerpunkte setzt Kutzmutz im Bereich Literatur, und wer hat hier schon unterrichtet? gibt Einblicke in seine Arbeit und erzählt im Podcast, warum der bereits 1997 verstorbene Schriftsteller Jurek Becker (»Jakob der Lügner«) für ihn immer noch der wichtigste Autor ist.
6/20/2023 • 31 minutes, 42 seconds
Ursula Poznanski über »Böses Licht« und das Schreiben für Erwachsene und Jugendliche
Ursula Poznanski schreibt zwei Bestseller pro Jahr. Einen für Jugendliche, einen für Erwachsene. Wie entstand diese Zweiteilung? Wo liegen die Unterschiede? Hören Sie ein Gespräch mit der österreichischen Autorin übers Schreiben, mitgeschnitten auf der Bühne der Leipziger Buchmesse.
Am Buchmesse-Sonntag 2023 war Ursula Poznanski zu Gast bei Wolfgang Tischer auf der Bühne in Halle 5. Wieder sitzt und steht das Publikum dicht gedrängt, Smartphones werden hochgereckt. Am Signiertisch liegt noch das »falsche« Buch, der dritte Teil der Vanitas-Reihe, doch die Mitarbeiterin des Droemer Verlags kümmert sich darum und bis zum Ende des Bühnengesprächs wird dort auch der aktuelle Titel »Böses Licht« liegen.
Der aktuelle Krimi von Ursula Poznanski spielt in Schauspielkreisen. Mehr oder weniger auf der Bühne des Wiener Burgtheaters geschieht ein Mord. Das führt zur ganz pragmatischen Frage: Brauche ich dafür die Erlaubnis des Burgtheaters?
Ursula Poznanski spricht über die Entstehung ihrer Krimis, wie man Figuren weiterentwickelt und was ihre Krimis für Erwachsene von ihren Jugendbüchern unterscheidet, die im Loewe Verlag erscheinen.
Mehr oder weniger drei Jahre hat sich Wolfgang Tischer auf das Gespräch gefreut, denn Ursula Poznanski hätte bereits 2020 Gast auf der Bühne sein sollen. Damals war u. a. der erste Band der Vanitas-Reihe erschienen und vor allen Dingen war ihr zweiteiliger Bestseller »Erebos« aktuell. So muss rückwirkend natürlich die Frage gestellt werden, wie es die Autorin schafft, aktuelle Entwicklungen und die Mechanismen von Online-Spielen so glaubhaft und realitätsnah zu beschreiben.
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Ursula Poznanski, das auf der Leipziger Buchmesse 2023 auf der Bühne in Halle 5 geführt wurde, im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
Ursula Poznanski: Böses Licht: Kriminalroman. Broschiert. 2023. Knaur HC. ISBN/EAN: 9783426227831
5/14/2023 • 30 minutes, 31 seconds
Podcast: Laura Kneidl über »Vergiss uns. Nicht.« und das Schreiben von New Adult
Podcast: Laura Kneidl über »Vergiss uns. Nicht.« und das Schreiben von New Adult
5/9/2023 • 28 minutes, 32 seconds
Podcast: Sebastian Hotz (»El Hotzo«) über sein neues MINDSET als Schriftsteller
Die Bühne in Halle 5 scheint zu platzen. Smartphones werden hochgehalten, und es wird fotografiert und gefilmt. Sind alle 1,3 Millionen Follower gekommen? Sein Gehirn könne Zahlen über 100 nicht verarbeiten, sagt Hotz, daher sind es 1,3 Millionen.
Hotz ist zum ersten Mal auf der Buchmesse und dann gleich als Bestseller-Autor, denn sein Buch MINDSET ist auf Platz 2 der SPIEGEL-Bestsellerliste eingestiegen.
Auf der Messe sind viele unbekannte Autorinnen und Autoren unterwegs. Und dann kommt so einer mit vielen Followern, schreibt ein Buch und zieht an ihnen vorbei.
Sebastian Hotz gibt sich bescheiden: »Ich habe einfach Glück gehabt, und jeder Mensch, der auf einer Bühne steht, hatte an irgendeinem Punkt großes Glück.« Allerdings müssen auch so viele Follower hart erarbeitet werden.
Sebastian Hotz gehört seit einiger Zeit auch zum Autorenteam des ZDF Magazin Royal von Jan Böhmermann. An diesem Freitag hätte er eigentlich bei der Sendung dabei sein sollen, die an diesem Tag erstmals live ausgestrahlt wird. Doch Hotz hat die Buchmesse vorgezogen, was Böhmermann zu einem entsprechenden Tweet veranlasst.
Eine ausführliche Beschreibung des Bühnenauftritts mit Fotos ist beim MDR nachzulesen.
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Sebastian »El Hotzo« Hotz, das auf der Leipziger Buchmesse 2023 auf der Bühne in Halle 5 geführt wurde, im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
Sebastian Hotz: Mindset: Roman. Gebundene Ausgabe. 2023. Kiepenheuer&Witsch. ISBN/EAN: 9783462002843
5/3/2023 • 22 minutes, 58 seconds
Podcast: Ijoma Mangold über Bitcoin und Buchmesse - Die orange Pille
Mit seinem Buch »Die orange Pille« will er nun auch andere von der Digitalwährung überzeugen. Eine Hintertür lässt er sich aber offen.
»Orangepillen« nennen es Bitcoiner, wenn sie andere von der Kryptowährung überzeugen wollen. Das Bild der orangen Pille geht auf den Film »Matrix« zurück, in dem sich der Protagonist Neo für den Verbleib in einer schönen Scheinwelt (blaue Pille) oder der Realität (rote Pille) entscheiden muss. Die Bitcoin-Pille, die die Lösung aller Probleme verspricht, ist orange. Zwar taucht dieser dritte Weg im Film nicht auf, doch für Bitcoiner ist ihre Währung die Lösung für alle Probleme der Welt.
Für die Bitcoin-Community ist Mangold zu ihrem Neo geworden. Ein Mann des Geistes bekennt sich zum Bitcoin. Wie es dazu gekommen ist, das beschreibt Ijoma Mangold in seinem Buch »Die orange Pille«, erschienen bei dtv.
Was ihn an der Digitalwährung fasziniert, das erläutert er nicht nur im Buch, sondern auch im Podcast des literaturcafe.de in wohl einer der längsten Antworten, die je in diesem Podcast gegeben wurde.
Unter anderem ist Mangold fasziniert davon, dass es dem bis heute anonymen Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto gelungen ist, ein digitales und limitiertes Geld zu erschaffen, das an keine Institution gebunden ist, schon gar nicht an eine staatliche. Während das Digitale normalerweise beliebig kopierbar ist, ist der finale Bitcoin-Bestand limitiert.
Natürlich gebe es im Bitcoin-Space mehr Misstrauen gegen zentrale Instanzen, sagt Mangold, ein gewisses Staatsmisstrauen sei aber etwas anderes als Staatsfeindschaft. Gerade ein gut funktionierendes Gemeinwesen sollte unbedingt seine Bürger dazu anhalten, mit einem erheblichen Mass an Skepsis und Staatsmisstrauen in die Welt zu blicken. Gerade in der Zeit nach Corona merken wir, wie leichtfertig wir mit unseren Bürgerrechten umgegangen seien, so Mangold.
Immer wieder ist von Glauben oder gar einer Religion die Rede, wenn man vom Bitcoin spricht. Auch Ijoma Mangold klingt ein wenig wie der Paulus der Bitcoin-Szene.
Allerdings gräbt sich Mangold im letzten Kapitel seines Buches einen kleinen Fluchtweg aus dem »Rabbit Hole« (Morpheus in Matrix) des Bitcoins.
Als Geistes- und Literaturmensch nimmt sich Mangold den unlängst verstorbenen Hans Magnus Enzensberger zum Vorbild. Der reiste in seiner Jugendzeit nach Kuba und pries den dortigen Kommunismus. Als Enzensberger Jahre später seinen Vorlass ans Literaturarchiv Marbach übergeben sollte, stieß er auf seine früheren Lobeshymnen und war entsetzt über sein jüngeres Ich und was er damals Naives über den Kommunismus geschrieben habe.
Trotz derzeit größter Bitcoin-Begeisterung will Mangold nicht ausschließen, dass es ihm irgendwann wie Enzensberger ergehen könnte, wenn er auf sein ich des Jahres 2023 blickt.
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Ijoma Mangold das auf der Leipziger Buchmesse 2023 am Stand des literaturcafe.de geführt wurde, im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
Ijoma Mangold: Die orange Pille: Warum Bitcoin weit mehr als nur ein neues Geld ist. Gebundene Ausgabe. 2023. dtv
4/30/2023 • 44 minutes, 44 seconds
Podcast: Arno Geiger über Das glückliche Geheimnis - Leipziger Buchmesse 2023
25 Jahre lang wühlte er meist frühmorgens in den Wiener Altpapiercontainern. Das ist das geheime Doppelleben, das Arno Geiger für sich als »Das glückliche Geheimnis« bezeichnet. Neben Büchern hat Geiger vor allen Dingen nach Tagebüchern und Briefen gesucht. Für ihn der Blick auf das wahre, unverstellte Leben. Auf der Leipziger Buchmesse sprach er darüber mit Wolfgang Tischer.
Kein Geringerer als Arno Geiger war am Buchmesse-Donnerstag des Jahres 2023 der erste Gast der Interview-Reihe des literaturcafe.de in Zusammenarbeit mit der Leipziger Buchmesse. Er sei, so sagt Geiger, ganz messebeseelt.
Tatsächlich erschien Arno Geigers Buch »Das glückliche Geheimnis« schon im Februar, und er hat die große Lesetour bereits hinter sich, aber auch einige Auftritte in Leipzig.
Durch die Medienberichte und Kritiken ist Geigers »Altpapiergeheimnis« mittlerweile keines mehr. In der Verlagsankündigung Ende 2022 wurde jedoch noch geheim gehalten, was Geigers Doppelleben war. Was hatte man ihm da alles zugetraut?
Im halbstündigen Gespräch geht es überwiegend um die Funde im Altpapier. Geiger sieht in persönlichen Briefen und Aufzeichnungen das wahre, unverstellte Leben. So wie wir über das Leben im Mittelalter mehr über die archäologischen Fundstücke im vermüllten Burggraben erfahren als in historischen Dokumenten.
Aber wühlt man da nicht im Privatleben anderer Leute? Geiger sieht das anders und erläutert es im Gespräch.
Hinweis: Leider ist die technische Qualität der Aufnahme nicht optimal und zu laut aufgenommen, insbesondere die Fragen klingen, wie in eine Papiertüte gesprochen. Technisch ist das nicht wirklich zu retten. Dennoch stellen wir den Mitschnitt mit einer Vorbemerkung im Podcast des literaturcafe.de online, da Arno Geigers Antworten akustisch gut zu verstehen und unbedingt hörenswert sind, sodass wir sie Ihnen, trotz kleiner technischer Defizite, nicht vorenthalten wollen.
4/28/2023 • 31 minutes, 12 seconds
Podcast: Fabian Neidhardt über seinen Roman »Nur ein paar Nächte«
Ben lebt im ehemaligen Haus seiner Eltern und zieht allein seine 12-jährige Tochter groß. Plötzlich steht sein Vater vor der Tür und möchte für ein paar Nächte bei Ben unterkommen. Bens Mutter hat ihren Mann vor die Tür gesetzt, da dieser fremdgegangen ist. Nur wenige Augenblicke später klingelt die Polizei an Bens Tür und bringt dessen Tochter Mia nach Hause. Sie wurde am Busbahnhof aufgegriffen und wollte nach Hamburg reisen, um endlich ihre Mutter kennenzulernen.
Mit dieser emotionalen Herausforderung und Überforderung für die Hauptfigur Ben beginnt Fabian Neidhardt dritter Roman »Nur ein paar Nächte«, der Ende Februar 2023 im Haymon Verlag erschienen ist.
Wolfgang Tischer unterhält sich mit Fabian Neidhardt einen Tag nach der offiziellen Buchpräsentation und Premierenlesung am 15. März 2023 in Stuttgart.
Fabian Neidhardt war oft Co-Moderator im Podcast des literaturcafe.de und sprach vor zwei Jahren dort über den Vorgänger-Roman »Immer noch wach« und seinen Weg als Autor.
Es ist klar, dass auch diese Folge kein normales Autorengespräch ist, sondern ein sehr persönlicher Einblick in die Entstehung eines Romans.
Doch zunächst reden Wolfgang Tischer und Fabian Neidhardt über die Leipziger Buchmesse, die nach vier Jahren endlich im April 2023 wieder stattfinden wird. Es geht um die Leipziger Autor:innerunde, bei der beide jeweils ein Tischgespräch moderieren, und um die Interviewserie des literaturcafe.de, die nach drei Jahren Pause ebenfalls wieder aufgenommen wird. Die Namen der Interviewgäste ist hochkarätig. Mehr dazu hören Sie in der Podcast-Folge und lesen Sie demnächst im literaturcafe.de.
Fabian Neidhardt: Nur ein paar Nächte. Roman. Gebundene Ausgabe. 2023. Haymon Verlag. ISBN/EAN: 9783709981740.
3/19/2023 • 1 hour, 9 minutes, 19 seconds
Podcast: Autor und Schauspieler Steffen Schroeder über seinen Max-Planck-Roman
Herbst 1944. Max Planck sitzt am Schreibtisch. 86 Jahre ist der Physiker und Nobelpreisträger von 1918 mittlerweile alt. Sein Leben lang hat Planck versucht, sich aus der Politik herauszuhalten. Doch nun wurde sein Sohn Erwin von den Nazis verhaftet. Ihm droht die Hinrichtung, da er zum Kreis der Hitler-Attentäter vom 20. Juli 1944 gehört. Gleichzeitig liegt Max Planck ein Gesuch der Reichskanzlei vor, er möge für eine Broschüre ein »Bekenntnis zum Führer« ablegen. Was soll Planck antworten? Was soll er schreiben? Kann er seinen Sohn vor dem Tode retten?
Mit diesem Konflikt beginnt Steffen Schroeder seinen Roman »Planck oder Als das Licht seine Leichtigkeit verlor«. Schroeder beschreibt die Monate bis zum Kriegsende 1945 und die Personen rund um Max Planck. Da ist vor allen Dingen seine Freundschaft zu Albert Einstein, der mittlerweile in die USA emigriert ist.
Schroeder hat penibel recherchiert. Dort, wo andere die tatsächliche Geschichte für einen Roman zurechtbiegen, bleibt Schroeder akribisch genau. Vieles scheint erfunden, wie eine fast lebensmüde Fahrt des berühmten Arztes Ferdinand Sauerbruch, der von Erwin Placks Frau Nelli begleitet wird. Sie ist ebenfalls Ärztin und kennt sich besser mit dem Automobil aus, als jeder Mann an Bord.
Wir erfahren von Einsteins Sohn Eduard, der vom Vater vernachlässigt in Zürich in einer psychiatrischen Klinik sitzt.
Steffen Schroeder ist den meisten sicherlich als Schauspieler bekannt. Neun Jahre lang spielte er den Kommissar Kowalski in er Serie »Soko Leipzig«. 2021 stieg Schroeder aus eigenem Wunsch aus der Serie aus, um sich neuen Projekten zu widmen. Unter anderem stellte er seinen Roman über Max Planck fertig, mit dem er sogar entfernt verwandt ist.
Im Frühjahr 2023 ist Steffen Schroeder Stipendiat im Stuttgarter Schriftstellerhaus, wo er an seinem neuen Romanprojekt arbeitet.
Wolfgang Tischer traf sich mit Steffen Schroeder im Stuttgarter Schriftstellerhaus und sprach mit ihm für den Podcast des literaturcafe.de über die Arbeit am Roman »Planck oder Als das Licht seine Leichtigkeit verlor«. Wie kam Schroeder zum Schreiben? Hilft der Beruf des Schauspielers, um sich in die Figuren hineinzufinden? Wie hält er es mit Wahrheit und Fiktion?
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Steffen Schroeder im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Podcast-Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
2/6/2023 • 41 minutes, 52 seconds
Christine Koschmieder über »Dry« - Das eigene Leben als Roman - Buchmesse-Podcast 2022
Das Gespräch mit der Autorin und Literaturagentin Christine Koschmieder ist nach Dörte Hansen und Rebecca Gablé die letzte der drei Podcast-Folgen von der Frankfurter Buchmesse 2022. Und es ist ein ganz besonderes Gespräch.
Zum einen wurde Christine Koschmieders Roman »Dry« unmittelbar vor dem Treffen auf der Messe im Literarischen Quartett im ZDF besprochen. Ihr Verleger Gunnar Cynybulk saß im Publikum, wie hier im literaturcafe.de nachzulesen ist. Wie hat die Autorin das Ganze erlebt?
Und dann ist »Dry« ein ganz besonderer und ein sehr persönlicher Roman. Das mit dem »persönlicher Roman« – oder gar »persönlichster Roman« – ist normalerweise eine Klappentext-Floskel. Doch in diesem Fall trifft es zu. Christine Koschmieder erzählt in »Dry« die Lebensgeschichte einer Figur mit Namen Christine Koschmieder. Trotz einiger Schicksalsschläge hat diese Frau ihr Leben scheinbar im Griff. Doch schon am Beginn des Buches wissen wir, dass vieles Fassade ist. Christine Koschmieder ist Alkoholikerin. »Funktionale Alkoholikerin«, wie es die Autorin im Gespräch präzisiert. Es ist keine Sucht mit schlimmen Abstürzen. Sie trank, um zu funktionieren und das Leben zu meistern. Das Buch beginnt in der Suchtklinik, und gemeinsam mit der Autorin Christine Koschmieder blicken wir auf das Leben der Romanfigur Christine Koschmieder.
Das eigene Leben zu einem Roman zu machen, scheint 2022 ein preisgekrönter Trend zu sein: Der Deutsche Buchpreis an Kim de L‘Horizont, der Literaturnobelpreis an Annie Ernaux. Warum steht auf diesen Büchern »Roman« und nicht »Autobiografie«?
Christine Koschmieder kann die Frage einfach beantworten und nennt im Gespräch mehrere Gründe. Zum einen schrieben Autobiografien meist berühmte Leute, doch das sei sie nicht. Zum anderen gibt es verschieden Wahrheiten. »Dry« ist ihre Version. Doch erhebt das Buch keinen Anspruch auf Wahrheit und Vollständigkeit.
Im Podcast des literaturcafe.de berichtet Christine Koschmieder von der Entstehung des Romans. Privates preiszugeben, sei eine Befreiung gewesen. Jetzt bestimme sie, was die anderen von ihr wissen.
Die Form all das niederzuschreiben, sei jedoch eine sehr literarische, wie der Autorin auch im literarischen Quartett bescheinigt wurde. Lamoriant, egoistisch, selbstbezogen, all diese Klischees über »Suchtromane« wollte sie vermeiden, was Christine Koschmieder auch gelungen ist. Selbst literarisch schleicht sich der Alkohol nicht immer sichtbar ins Leben der Hauptfigur.
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Christine Koschmieder, das auf der Frankfurter Buchmesse 2022 geführt wurde, im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
11/25/2022 • 33 minutes, 42 seconds
Rebecca Gablé im Gespräch: »Eine Katastrophe ist immer ein guter Anfang« - Buchmesse-Podcast 2022
»Drachenbanner« ist ihr siebter Waringham-Roman. Noch als Studentin, Mitte der 19990er-Jahre, schrieb Rebecca Gablé den ersten Band. »Das Lächeln der Fortuna« war seinerzeit ein Überraschungsbestseller und begründete ihren Erfolg als Autorin historischer Romane, die im mittelalterlichen England spielen. Davor hatte Gablé bereits Kriminalromane geschrieben.
»Drachenbanner« landete sofort auf der SPIEGEL-Bestsellerliste. Das Mittelalter, so Gablé, spiele derzeit gar keine große Rolle mehr, aktuell fokussiert man sich in Serien und Romanen mehr auf das 20. Jahrhundert.
Doch Rebecca Gablé bleibt dem englischen Mittelalter treu. Diesmal ist die Geschichte aus dem Adelsgeschlecht der von Waringhams im Jahre 1238 und danach angesiedelt. Bedrik ist ein Junge aus dem einfachen Volk, doch verbindet ihn das Schicksal seit frühester Kindheit mit der Adeligen Adela of Waringham.
Schon auf der ersten Seite geschieht ein Unglück, und wir sind mitten drin in der Handlung. »Eine Katastrophe ist immer ein guter Anfang«, sagt Gablé im Gespräch mit einem Lächeln. Zudem beginne sie ihre Romane meist mit wörtlicher Rede.
Zwar lieben Leserinnen und Leser dicke Romane, doch manche mag dies auch abschrecken. Da sei es wichtig, der Leserschaft von Anfang an klar zu machen: »Hey, es ist lang, aber ich will dir eine spannende Geschichte erzählen und dich nicht mit historischen Zahlen langweilen und quälen.«
Dennoch ist Rebecca Gablé eine historisch korrekte Geschichte wichtig. Sie vermengt reale Geschehnisse und Personen mit Erfundenem, doch das Reale muss stimmen. Sie schreibe dann entlang der historischen Ereignisse, und nie würde sie die bestehende Geschichte verfälschen.
Frauen kommen in Chroniken nur vor, wenn sie verheiratet werden und Kinder gebären. »Ansonsten wissen wir über ihr Leben recht wenig«, sagt Gablé. Gute Ansatzpunkte für die Phantasie der Autorin und für ihre Geschichten.
Im Podcast-Gespräch erläutert Gablé ihren Schreibprozess. Hat sich durch historische Streaming- und Fernsehserien das Erzählen verändert? Wie bleibt Rebecca Gablé mit ihren Leserinnen und Lesern in Kontakt und welche Art von Rückmeldungen freuen sie am meisten?
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Rebecca Gablé, das ich auf der Frankfurter Buchmesse 2022 geführt habe, im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
11/6/2022 • 28 minutes, 44 seconds
Dörte Hansen im Gespräch: Zur See - Buchmesse-Podcast 2022
Diesmal fühlt es sich wieder nach Buchmesse an. Nach der etwas gespenstischen Messe des Vorjahres. Sind alle wieder da: die Verlage, die Leserinnen und Leser, Autorinnen und Autoren. Die Gänge sind immer noch ein klein wenig breiter, die meisten Verlagsstände kleiner geworden. Aber es fühlt sich nach Messe an.
Mit drei ganz besondere Autorinnen - jede für sich auf ihre eigene Art - habe ich mich in diesem Jahr verabredet, um mit ihnen über ihre Bücher zu sprechen. Dörte Hansen ist mit »Zur See« wieder auf Platz 1 der Bestsellerliste. Ihr drittes Buch, so stellt es auch die Autorin fest, scheint endlich auch vom Feuilleton wahrgenommen zu werden. Meine Rezension von »Zur See« kann hier nachgelesen werden. Rebecca Gablé ist die Königin des historischen Romans. Mit ihr sprach ich über fast 1.000 Seiten »Drachenbanner«. Christine Koschmieder hat aus ihrem Leben einen Roman gemacht. »Dry« wurde das Glück zuteil, sogar im Literarischen Quartett besprochen zu werden.
Alle drei Gespräche sind in den kommenden Tagen im Podcast des literaturcafe.de zu hören.
Den Anfang macht das Gespräch mit Dörte Hansen. Es ist der Donnerstag, kurz vor Messeschluss. Gerade saß die Autorin noch auf der ARD-Bühne und jetzt sitze ich mit ihr fürs Gespräch im Backstage-Bereich, weil es dort schön ruhig ist. Den Messe- und Interviewstress sieht und hört man Dörte Hansen nicht an.
Wir sprechen über den ganz besondern Einstieg in ihren Roman und warum es meine thematische Reduktion auf Norden und Niedergang trotz der Alliteration nicht trifft. Es gehe, sagt Hansen, in ihren Romanen eher um den Umbruch. Niedergang würde bedeuten, früher war alles besser. Wie reagieren ihre Figuren auf den Umbruch? Wie arbeitet Dörte Hansen mit ihrer Lektorin zusammen (Stichwort »Wo steht das?« in der Danksagung)? Und wie nimmt sie selbst die Wahrnehmung ihres Romans war - sowohl beim Feuilleton als auch auf den friesischen Inseln?
Und ich erlebe, dass Dörte Hansen im Messetrubel sogar noch Zeit findet, anderen angehenden Autorinnen Tipps für Schreiben zu geben.
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Dörte Hansen, das ich auf der Frankfurter Buchmesse 2022 geführt habe, im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
Wolfgang Tischer
10/22/2022 • 18 minutes, 14 seconds
Elke Heidenreich: »Ein Tag, an dem ich nicht lese, findet nicht statt.« - Literaricum 2022
Elke Heidenreich hat das Literaricum 2022 eröffnet. In unseren Podcast-Folgen aus Lech am Arlberg steht ein Gespräch mit ihr am Schluss. Elke Heidenreich spricht über den Bartleby, das Gefährliche an lesenden Kindern und warum früher nicht alles besser war. Und Elke Heidenreich erläutert, warum man ihr keine Bücher und Manuskripte zusenden sollte.
Am Eröffnungstag des Literaricum 2022 trifft sich Wolfgang Tischer im Foyer des Hotels Burg mit Elke Heidenreich zum ausführlichen Gespräch. Die Atmosphäre ist entspannt, auch Elke Heidenreich ist zum ersten Mal in Lech am Arlberg.
Natürlich geht es am Anfang des Gesprächs um Bartleby, den Schreiber. Heidenreich verweist auf das Buch von Juliane Marie Schreiber. In der Absurdität und Ironie von Melvilles Erzählung sieht Heidenreich zudem Parallelen zu Kafkas Erzählung »Der Hungerkünstler«. Die absolute Verweigerung sei keine Lösung. Das ewige Nein aber auch das ewige Ja seien ebenfalls keine Lösung, diese müsse in der Mitte liegen.
Den Bartleby habe sie schon in jungen Jahren gelesen, sagt Heidenreich, doch »wenn man jung ist, versteht man Absurdes nicht gut«. Wie witzig, düster und grotesk zugespitzt der Text ist, habe sie erst später gemerkt.
Lesebiografie mit Büchern von Frauen
Mit ihrem im letzten Jahr erschienenen Buch »Hier geht’s lang! Mit Büchern von Frauen durchs Leben« hat Elke Heidenreich ihre ganz persönliche Lesebiografie aufgeschrieben. Zwar wurde sie immer wieder danach gefragt, doch eigentlich wollte sie das zunächst nicht. »Es ist mein Beruf, was soll ich da schreiben?«, sagt Heidenreich.
Schließlich waren es dann die Bücher von Frauen, die den roten Faden bildeten. »Nicht aus feministischen Gründen«, betont Heidenreich. Vielmehr wurde in ihrer Kindheit streng nach »Jungenbüchern« und »Mädchenbüchern« unterschieden. Später trafen sich dann zwar alle bei Enid Blyton und Karl May, und dennoch blieben die »Jungs« bei den Jungenbüchern und lasen auch später so gut wie keine Bücher von Frauen. Das sei zwar, betont Elke Heidenreich, eine Verallgemeinerung, aber dennoch hält sie es da mit ihrer Freundin Ruth Klüger (1931-2020), die feststellte, dass Frauen anders lesen als Männer.
Bedauert es Elke Heidenreich, dass unlängst nach einem Talkshow-Auftritt bei Markus Lanz niemand über ihr Buch sprach, aber alle über ihre Kritik an einer jungen Grünen-Politikerin? Heidenreich ist das egal. Shitstorms verfolge sie nicht. Wer nach dem Buch suche, der finde es.
Tatsächlich suchen viele Menschen nach solchen medialen Auftritten nach den Kontaktdaten von Elke Heidenreich im Netz. Ihre E-Mail- oder Postadresse werde man dort nicht finden, stellt Heidenreich im Gespräch klar.
Mit ständiger Regelmäßigkeit wird daher ein schon älterer Beitrag im literaturcafe.de zu einer Art totem Briefkasten, weil Google ihn offenbar nach oben spült. Auch nach dem Lanz-Auftritt gab es dort meist zustimmende Kommentare oder Nachrichten direkt an Elke Heidenreich zu lesen.
»Unfassbare Mengen« an Zusendungen
Wie viele Briefe und Bücher und Manuskripte bekommt Elke Heidenreich geschickt, wenn selbst Personen, die einmal entfernt mit ihr zu tun hatten, mit Nachrichten an sie überhäuft werden?
Es seien »unfassbare Mengen«, sagt Elke Heidenreich im Podcast. Allerdings rät sie allen ab, ihr Manuskripte oder Bücher zuzuschicken. Seit 2003, seit ihrer Fernsehsendung »Lesen!«, beschäftige sie eine Sekretärin, die u. a. alle Manuskripte kommentarlos zurückschickt. Sie könne nichts vermitteln, betont Elke Heidenreich mit Nachdruck. Man möge es an geeignete Verlage schicken. Doch nicht alles, was geschrieben werde, müsse auch gedruckt werden. Es sei schön, wenn man nur für sich oder die Familie schreibe, wenn man das, was einen beschäftigt rausließe. Scheiben sei eine wunderbare Therapie.
Und wie verändert sich die Welt des Lesens und der Literaturvermittlung? Als Literaturkritikerin, das betont Elke Heidenreich in ihrem Buch, hat sie sich nie gesehen. Sie sei eine Literaturvermittlerin und auf keinen Fall eine »Literaturpäpstin«.
Welche Rolle wird das Lesen künftig spielen?
Welche Rolle wird das Lesen künftig in dieser Welt noch spielen? Darüber mag Elke Heidenreich nicht urteilen. Sie glaube auch nicht, dass in dieser Hinsicht früher alles besser gewesen sei. Es sei anders gewesen. Auch in ihrer Kindheit. Das lesende Kind sei das einfache Kind. Es sitze brav in seiner Ecke und mache nichts. Aber das lesende Kind werde das schwierige Kind, denn es liest sich weg aus seiner Umgebung.
»Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich in diesem Elternhaus nicht mehr bleiben will«, erzählt Elke Heidenreich.
Dennoch sagt sie: »Die Allianz ›Mensch, Sessel, Lampe, Buch‹ ist unschlagbar!« Diese werde bestehen bleiben.
Und die Literatur im Fernsehen? Haben mediale Empfehlungen noch Einfluss auf die Bestsellerlisten wie zur Zeit von »Lesen!« oder des alten Literarischen Quartetts mit Reich-Ranicki?
Die Leidenschaft sei in den heutigen Formaten weg. Heute seien das alles Selbstdarsteller, die das machten. Auch von Denis Scheck hält sie nicht viel.
Vielleicht die letzte mit Leidenschaft
Vielleicht sei sie noch die Letzte mit einer Leidenschaft für diese Sachen, vermutet Heidenreich. Allerdings: Mit Leidenschaft rasselt man oft auch rein.
Wie viele Bücher liest Elke Heidenreich heute noch? Sie arbeitet für den Schweizer Literaturclub, für den Spiegel, für den WDR und eine wöchentliche Zeitungskolumne.
Ihre Augen ließen langsam nach, muss Elke Heidenreich feststellen.
Allerdings sagt Elke Heidenreich im Podcast-Gespräch auch: »Ein Tag, an dem ich nicht lese, findet nicht statt.«
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Elke Heidenreich das Wolfgang Tischer am Rande des Literaricum Lech geführt hat, im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
7/27/2022 • 32 minutes, 46 seconds
Nicola Steiner: Zufrieden und erschöpft nach dem Literaricum 2022
Sonntagmorgen. Es ist der 16. Juli 2022. Zufrieden, aber auch erschöpft sitzt Nicola Steiner im Frühstücksraum des Hotels Burg in Lech am Arlberg. Gestern Abend ging das Literaricum 2022 mit dem Buchpreis- und Erich-Fried-Preis-Gewinner Frank Witzel zu Ende.
»Die Nicola fragt uns, wenn sie was wissen will. Und sonst hat die Nicola Steiner hier das Sagen«, fasste Initiator Raoul Schrott im Podcast-Gespräch zum Auftakt die Rolle der Kuratorin zusammen.
Alles hat wieder gut geklappt, zweieinhalb Tage lang drehten sich die literarischen Veranstaltungen um Herman Melvilles Erzählung »Bartleby, der Schreiber« (hier zum Download).
Wer nach Lech eingeladen wird und wie sich die Veranstaltungen um den jeweiligen Klassiker im Mittelpunkt gruppieren, das sei schon »eine Art von Teamarbeit«, erzählt Nicola Steiner. Der »Bartleby« habe sie seit ihrer Jungend immer wieder »in Abständen« begleitet, weil er überall aufpoppt. Thomas Sarbacher habe sich sofort gefreut, die Erzählung ungekürzt lesen zu können. Für die Eröffnungsrede fragte Nicola Steiner ihre Kollegin Elke Heidenreich an, die zum Kritikerteam des Literaturclubs gehört. Heidenreich habe die Gabe, Literatur so zu vermitteln, dass das Publikum von Anfang an mitgenommen werde und selbst schwierige Stoffe für jeden verständlich seien. Am Eröffnungsabend, dem Donnerstag, konnte man sich davon in der neuen Dorfkirche in Lech überzeugen. Heidenreich wiederum sei bei ihrer Beschäftigung mit Bartleby auf das Buch von Juliane Marie Schreiber gestoßen. So ergibt eines das andere.
Obwohl »Bartleby« ein leicht zugänglicher Stoff sei, blieb er bislang nicht nur für Nicola Steiner rätselhaft. Jetzt, nach den Veranstaltungen in Lech, wisse sie, warum der Text so geheimnisvoll sei. Das Literaricum habe die ganze Spannbreite der Deutungen aufgezeigt.
Wie Bürgermeister Gerhard Lucian wünscht sich auch Nicola Steiner künftig noch mehr Interesse beim Publikum und steigende Besucherzahlen. Allerdings habe auch die mittlerweile legendäre Schwesterveranstaltung, das Philosophicum, vor über 25 Jahren klein angefangen.
Wer das Literaricum erlebt hat, ist ohne Frage begeistert. Einige Besucher waren schon im letzten Jahr beim »Simplicius Simplicissimus« mit dabei und reisten wieder an. Es sei, resümiert Steiner, nun mal keine Veranstaltung für eine Laufkundschaft, sondern man müsse sich entscheiden, fürs Literaricum nach Lech zu kommen. Mundpropaganda sei wichtig, denn wie immer sei das Marketing-Budget für solche Veranstaltungen übersichtlich.
Fürs kommende Jahr gibt es bereits eine »rollende Planung«. Demnächst werde das Datum fürs dritte Literaricum festgelegt, und wer das Podcast-Gespräch genau anhört, bekommt bereits einen Hinweis, um welchen Klassiker es beim Literaricum Lech 2023 gehen könnte.
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Nicola Steiner, das Wolfgang Tischer am Ende des Literaricum Lech geführt hat, im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
»Bartleby, der Schreiber« – Download als MP3-Hörbuch und Textversion
Im literaturcafe.de können Sie den vollständigen Text von Herman Melville und die Hörbuchfassung von Wolfgang Tischer kostenfrei herunterladen und anhören.
7/23/2022 • 19 minutes, 25 seconds
Thomas Sarbacher übers Vorlesen: »Ich bin ein Diener des Textes« – Literaricum 2022
Im Podcast des literaturcafe.de berichtet Sarbacher unter anderem von seiner Vorbereitung und worin der Unterschied zum Theater besteht.
Thomas Sarbacher ist in zahlreichen Film- und Fernsehproduktionen zu sehen. Beim Literaricum Lech war es seine Aufgabe, dem namenlosen Ich-Erzähler in Melvilles Erzählung eine Stimme zu geben. So hatte jede und jeder die Möglichkeit, vor den Diskussionen und Veranstaltungen des Literaricums, den Text vollständig zu hören. Knapp zwei Stunden dauerte die Lesung, in der sich Sarbacher zusammen mit dem Erzähler über Bartleby verwunderte, litt und ereiferte. Durch Sarbachers Lesung konnte man in Melvilles Text noch so manche Nuance entdecken, die beim eigenen Lesen vielleicht verborgen geblieben war.
In Absprache mit Kuratorin Nicola Steiner gab's am Freitagmorgen um 10 Uhr keine begrüßenden Worte oder Einführungen. Thomas Sarbacher nahm einfach am Lesetisch platz und begann die Übersetzung von Jürgen Krug zu lesen: »Ich bin ein schon recht bejahrter Mann …«
Wie hat sich Thomas Sarbacher diesen Text erarbeitet? Welche besonderen Aspekte hat er an Melvilles Text entdeckt? Was unterscheidet Theaterspielen von einer Lesung? Und würde Thomas Sarbacher in einer dramatisierten Fassung des Stoffes lieber den Ich-Erzähler oder Bartleby verkörpern?
Hören Sie das ausführliche Gespräch mit Thomas Sarbacher, das Wolfgang Tischer am Rande des Literaricum Lech geführt hat, im Podcast des literaturcafe.de. Nutzen Sie den Player unten nach dem Beitrag. Der Podcast des literaturcafe.de ist zudem auf allen Portalen wie Apple iTunes, Spotify oder Deezer zu hören und zu abonnieren. So verpassen Sie künftig keine Folge mehr.
»Bartleby, der Schreiber« – Download als MP3-Hörbuch und Textversion
Am Anfang dieser Podcast-Folge hören Sie einen Ausschnitt aus Thomas Sarbachers Lesung. Aus urheberrechtlichen Gründen können wir Ihnen diesen Mitschnitt hier nicht komplett zur Verfügung stellen. Stattdessen können Sie den vollständigen Text von Herman Melville und die Hörbuchfassung von Wolfgang Tischer kostenfrei herunterladen und anhören.
7/21/2022 • 25 minutes, 54 seconds
Juliane Marie Schreiber: Gegen den Terror des Positiven – Literaricum 2022
Früher war es ein Beutel Kamillentee, heute ist es »Zeit für eine Tasse Gelassenheit«. Selbst Produkte versprechen uns mittlerweile ein glückliches Leben.
Diese Glücksversprechen beim Produktkauf seien die Folge des neoliberalen Denkens, sagt die Politologin Juliane Marie Schreiber. Demnach sei nicht der Staat, nicht die Gesellschaft gefragt, nein, wir selbst werden aufgefordert, beständig an unserem Glück zu arbeiten. Wer unglücklich ist, sei selbst daran schuld. Wir müssen uns optimieren und notfalls von einem »Glückscoach« auf positive Pfade bringen lassen.
Bereits vor Jahren verkündete der Bestseller »Das Geheimnis« von Rhonda Byrne, wer arm oder krank sei, habe leider nicht positiv genug gedacht.
Dieser Weltbestseller sei gefährlich und unwissenschaftlicher Humbug, sagt Schreiber im Gespräch.
Glück werde heute als Normalzustand definiert, der es jedoch gar nicht sei. Leid und Schmerz gehören zur menschlichen Existenz.
Auch Schimpfen und Fluchen könne durchaus helfen. So können andere feststellen, dass vieles kein individuelles Problem ist, sondern ein allgemeines, das man dann gemeinsam lösen kann.
Bartlebys »Ich möchte lieber nicht« (Text und Hörbuch hier zum Download) wurde in jüngster Zeit vom Philosophen Slavoj Žižek positiv gedeutet. Doch Bartleby, sagt Juliane Marie Schreiber, sei nur bedingt Vorbild, da er die Verweigerungshaltung ad absurdum führe. Am Anfang sei er noch eine autonome Figur und durchaus Vorbild, am Ende habe er dies jedoch so konsequent umgesetzt, dass er daran sterbe.
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7/19/2022 • 21 minutes, 9 seconds
Raoul Schrott: Fader Literatur die Klassiker entgegenhalten - Literaricum 2022
Was ist das Literaricum? »Ein Literaturfest!«, sagt Raoul Schrott. Zusammen mit seinem Autorenkollegen Michael Köhlmeier hatte er die Idee zum Literaricum, das inhaltlich von der Literaturjournalistin Nicola Steiner kuratiert wird.
Bereits seit vielen Jahren findet in Lech im Bundesland Vorarlberg in Österreich das Philosophicum statt. Im letzten Jahr kam dann zum ersten Mal mit dem Literaricum die Literatur hinzu. Das Besondere: Es geht nicht um aktuelle Bücher, sondern im Zentrum der dreitägigen Veranstaltung steht jeweils ein Klassiker. Im letzten Jahr war es der Simplicius Simplicissimus, in diesem Jahr ist es die Erzählung »Bartleby, der Schreiber« von Herman Melville. Die Erzählung steht hier im literaturcafe.de komplett als Hörbuch als Text zum kostenlosen Download bereit.
»Ich möchte lieber nicht«, ist der Ausspruch Bartlebys, der zum geflügelten Wort geworden ist. Verweigerung als Lösung? Positiv oder negativ? Verweigerung als Krankheit? Darüber und über andere Aspekte wurde in Lech vom 14. bis zum 16. Juli 2022 diskutiert.
In der ersten Podcast-Folge aus Lech am Arlberg unterhält sich Wolfgang Tischer am Eröffnungsabend, an dem Elke Heidenreich die Eröffnungsrede hielt, mit dem Autor, Literaturwissenschaftler und »Erklärbär« Raoul Schrott über das Literaricum. Wie entstand die Idee? Warum Lech? Warum Klassiker?
»Literatur ist in den letzten 30 Jahren fad und konformistisch geworden«, sagt Schrott. Das sei zwar so pauschal gesagt, wie man Literatur momentan vermarkte, doch in Lech wolle man dem bewusst die Klassiker entgegenhalten.
Neben der Literatur wird im Gespräch auch auf die umliegenden Berge geschaut.
Und Wolfgang Tischer spricht in dieser ersten Podast-Folge aus Lech zudem mit Bürgermeister Gerhard Lucian darüber, warum die Gemeinde die Literatur nach Lech holt.
Weitere Podcast-Folgen mit Elke Heidenreich, Nicola Steiner, Juliane Marie Schreiber, Thomas Sarbacher werden folgen.
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7/18/2022 • 47 minutes, 3 seconds
Bachmannpreis-Podcast: Blick auf den Literaturwettbewerb 2022
Und warum hat die neue Form der Preisermittlung nicht funktioniert?
Mehr Transparenz und Spannung bei der Preisvergabe wurde in diesem Jahr beim wichtigsten deutschsprachigen Literaturwettbewerb versprochen.
Doch die Spannung blieb am Sonntag aus. Die Gewinner:innen wurden in diesem Jahr nicht per finaler Abstimmung vor der Kamera ermittelt, sondern allein aufgrund einer Punktewertung, die der Justitiar bekanntgab. Dass in der anschließenden Laudatio das einladende Jury-Mitglied den Text gut fand, versteht sich von selbst.
Leider haben wir in diesem Jahr aber nicht erfahren, warum wer in der Jury abschließend für welchen Text gestimmt hat.
Zwar war das Prozedere an sich gerechter, aber es fehlte die Dramaturgie. Zudem kam es in der Sendung immer wieder zu kleineren Ablauffehlern. Filmische Einspieler und unpassende Musik zogen die Zeremonie unnötig in die Länge.
Vielleicht, so schlägt es Wolfgang Tischer im Podcast vor, kann man die Abstimmung per Punktesystem belassen, doch die Abgabe selbst erfolgt pro Jury-Mitglied nicht »über Nacht«, sondern begründet vor der Kamera. Wie beim Eurovision Song Contest würden sich nach und nach die Gewinner herausschälen. Damit die Jury nicht kurzfristig strategisch umentscheidet, hinterlegen die Jury-Mitglieder zuvor ihre Wertung in einem verschlossenen Umschlag beim Justitiar.
Natürlich wären auf diesem Weg alle Preisträger auf einmal bekannt, doch das wäre nicht von Nachteil. Auch bei Sportwettkämpfen ist es nicht anders.
Wichtiger ist, dass die fernsehgerechte Spannung zurückkehrt.
Und sonst? Sind die Preise 2020 verdient vergeben worden? War die Performance von Mara Genschel originell? War das Jury-Team aufeinander eingespielt oder zu sehr im Flow? Und die typische Frage: Wie war der Jahrgang 2022?
Andrea Diener von der FAZ und Wolfgang Tischer vom literaturcafe.de blicken in einer ausführlichen Podcast-Folge auf die 46. Tage der deutschsprachigen Literatur zurück und analysieren den Literaturwettbewerb 2022.
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